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Archiv-Artikel

Hoffmann legt Schutzschrift vor

Ex-Senatskanzleichef weist Vorwurf der Untreue zurück. Staatsanwaltschaft noch unschlüssig, ob sie die Überweisung von 500.000 Euro an die Grass-Stiftung zur Anklage bringt – seit über einem Jahr

Ex-Bürgermeister Scherf: „Hoffmann hat nur seine Arbeit gemacht“

von Armin Simon

Zweieinhalb Jahre nach dem Transfer von 500.000 Euro an die Grass-Stiftung ist noch immer offen, ob der illegale Griff in die Staatskasse je zur Anklage kommt. Zwar sei der Sachverhalt ermittelt, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade, der taz. Der ehemalige Leiter der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, der die Überweisung im Februar 2004 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen angeordnet hatte, habe über seinen Anwalt jedoch eine „Schutzschrift“ eingereicht. Man müsse daher nun prüfen, ob man den erhobenen Vorwurf – Betrug – weiter aufrecht erhalte, so Passade.

Das Geld, das Hoffmann, mit Zustimmung von Bürgermeister Henning Scherf (SPD), am Haushaltsausschuss vorbei auf das Konto der Stiftung schleuste, stammte vom Energiekonzern E.on. Der hatte, um sich vertraglicher Verpflichtungen gegenüber der Stadt zu entledigen, insgesamt 20 Millionen Euro an die städtische Bremer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (BVV) überwiesen. 15 Millionen Euro verbuchte Bremen in Absprache mit E.on als „Spende“, die der IUB zugute kommen sollte. Die restlichen 5 Millionen Euro – auch das nach Insidermeinung noch ein stolzer Preis – stellten die eigentliche Ablöse dar und hätten regulär in den Haushalt eingestellt werden müssen.

Der Senat, an erster Stelle Bürgermeister Henning Scherf (SPD), hatte jedoch anderes im Sinn. Sie wollten die Millionen selbst verteilen, einer der auserkorenen Empfänger: die Günter-Grass-Stiftung, die den Nachlass des Literaten verwaltet und in deren Kuratorium Scherf saß.

Um die Auszahlung zu veranlassen, griff Hoffmann, Scherfs rechte Hand, selbst zum Telefon – sein Mitarbeiter hatte sich geweigert. Doch auch dem Finanzressort kam die Sache spanisch vor. Es verlangte eine schriftliche Erklärung, dass die Ausgabe, am Parlament vorbei, rechtens sei. Hoffmann zögerte nicht. Es handele sich um einen „für die Günter-Grass-Stiftung zweckgebundenen Betrag“, der der Senatskanzlei überstellt werden solle „zwecks unmittelbarer und direkter Auskehrung an die Stiftung entsprechend der Zweckbindung der Mittel“. Ebenjene „Zweckbindung“, von der entgegen den Behauptungen Hoffmanns in dem zwischen E.on und der Stadt Bremen geschlossenen Vertrag keine Rede ist, suchte der Leiter der Senatskanzlei darüber hinaus durch die Kopie eines Vermerks zu untermauern, der die genaue Verteilung der 5 Millionen Euro regelte. Verfasst hatte den Zettel – Hoffmann selbst.

Sein „langjähriger engster Vertrauter“, nahm Scherf Hoffmann im September 2004 in Schutz, als sich auch die Staatsanwaltschaft für die Vorgänge zu interessieren begann, habe „schlicht seine Arbeit gemacht“. Aus strafrechtlicher Sicht könnten ihm die besagten zwei Schriftstücke allerdings zum Verhängnis werden. Die Staatsanwaltschaft könnte die Vorspiegelung einer Zweckbindung als Betrug werten – und zwar, da Bremen für die Auszahlung der 500.000 Euro keinen Gegenwert erhalten und Hoffmann als Amtsträger gehandelt hat, sogar um einen „besonders schweren Fall“, bedroht mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren Haft. Ob Anklage erhoben wird oder nicht, werde, so Sprecher Passade, „noch in diesem Jahr“ entscheiden.