piwik no script img

Archiv-Artikel

Flaschenwerfer kam nur zum Feiern

1. MAI 23-Jähriger aus Sachsen-Anhalt wird zu Bewährungsstrafe verurteilt. Politischer Hintergrund unklar

Von SVE

In dichter Folge finden derzeit Prozesse gegen mutmaßliche Gewalttäter des 1. Mai in Kreuzberg statt. Am Dienstag wurde vor dem Amtsgericht Tiergarten ein dritter Täter zu einer Bewährungsstrafe verurteilt: Zwei Jahre, ausgesetzt auf einen Bewährungszeitraum von vier Jahren.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, am späten Abend des 1. Mai am Spreewaldplatz und in der Umgebung insgesamt 18 Steine und Flaschen auf Polizeiwagen und Polizisten geworfen zu haben. Darüber hinaus habe er mit anderen versucht, ein Fahrzeug aufzuschaukeln, auch sei er bei seinen Taten vermummt gewesen. In der Anklage wurde der 23-Jährige als „Rädelsführer“ bezeichnet, da er unter anderem mit den Worten „Wo sind meine Schlümpfe“ versucht habe, andere anzustacheln. Der Angeklagte saß nach seiner Festnahme, die noch in derselben Nacht erfolgte, fünf Wochen in Untersuchungshaft.

Voll geständig

Vor dem Schöffengericht gestand er die vorgeworfenen Taten „in vollem Umfang“. Gleichzeitig betonte er, dass er nicht zum „Krawallmachen“ nach Kreuzberg gefahren sei, sondern nur habe feiern wollen. Am Spreewaldplatz sei er dann bei einer Räumungsaktion in den schwarzen Block gedrängt worden und habe sich im Folgenden „mitreißen lassen“.

In der Verhandlung hatten die Beteiligten vor allem über eine Zugehörigkeit des Angeklagten zu einer linken Szene debattiert. Der Angeklagte stammt aus einem kleinen Ort in Sachsen-Anhalt, dort sei es normal gewesen, zu selbiger zu gehören. „Aber ich habe mit denen nichts mehr zu tun, ich habe daraus gelernt“, betonte er. Die Staatsanwaltschaft zweifelte derlei Beteuerungen an und forderte eine Haftstrafe auch aus „generalpräventiven Gründen“. Unklar bliebt in dem konkreten Fall, was die Beteiligten unter dem Begriff „linke Szene“ verstehen. Bislang wurde keinem der nach dem diesjährigen 1. Mai Verurteilten ein politisches Motiv nachgewiesen.

Das Schöffengericht entschloss sich, die zweijährige Haftstrafe wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung zur Bewährung auszusetzen. Strafmildernd habe das Geständnis gewirkt, erläuterte der Richter. Er machte deutlich, dass der Schuldspruch ohne Geständnis leicht bei über drei Jahren hätte liegen können. Der Verteidiger hat angekündigt, auf eine Berufung verzichten zu wollen. Die Staatsanwaltschaft kann das Urteil jedoch noch anfechten. SVE