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Archiv-Artikel

Geldgeheimnis lüften

Bayerns Landesfürst Stoiber fordert Offenlegung von Agrarbeihilfen. Die Bundesregierung sträubt sich noch

BERLIN taz ■ Wer profitiert von den millardenschweren EU-Agrarsubventionen? Die deutschen Behörden halten es bis heute geheim. Doch der Druck, die Zahlen zu nennen, wächst: Jetzt hat Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gefordert, Namen und Summen öffentlich zu machen.

Es ist das erste Mal, dass sich ein Unionspolitiker hier für eine neue Offenheit ausspricht. „Die Bürger haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie die Fördergelder der EU verwendet werden“, zitierte ihn das Handelsblatt. Zwar hat bisher schon eine Initiative von 30 Verbänden – darunter die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft und Oxfam – die Bundesregierung zu mehr Transparenz aufgerufen. Aber alle Landesfürsten hatten sich erst vor drei Wochen dagegen ausgesprochen. Sie lehnten im Bundesrat ab, Empfänger von Agrarbeihilfen zu nennen. Auch Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) weicht aus. Mal erklärt er, die Geldverteilung sei Sache der Länder. Mal führt er an, der Datenschutz spreche dagegen. Oder er zieht sich darauf zurück, keine „Neiddebatte“ zu wollen.

Allein die Europäische Kommission lässt die Argumente nicht gelten. Sie fordert in ihrem Entwurf für die Haushaltsordnung 2007–2013, dass alle EU-Mitglieder Namen der Agrarprofiteure nennen – wie es manche Regierung schon macht. Dänen, Briten oder Schweden wissen längst, wer im Land wie viel Geld bekommt – sie lesen es im Internet (www.farmsubsidy.org).

Den Deutschen ist indes nur so viel bekannt: Die Bundesbürger zahlen pro Jahr etwa 9,3 Milliarden Euro und damit mehr als ein Fünftel des 43 Milliarden schweren EU-Agrarbudgets. Die hiesigen Landwirte erhalten davon gut 6 Milliarden Euro. Trotzdem mussten in den letzten Jahren tausende Bauern aufgeben. Das System ist ungerecht.

1 Prozent aller Agrarbetriebe in Deutschland heimst ein Drittel der Subventionen ein. Die großen Güter im Norden und im Osten sind besonders gut im Geschäft: Die JLW Holding Aktiengesellschaft in Winsen an der Aller „bekommt 6 Millionen Euro Beihilfen im Jahr“, schätzt Marita Wiggerthale von Oxfam. Die JLW ist mit 21.000 Hektar der größte deutsche Agrarbetrieb. Zum Vergleich: Im Schnitt haben die Höfe rund 80 Hektar.

Die bayerischen Bauern, Stoibers Wähler, haben zumeist kleinere Höfe. Sie könnten profitieren, wenn der Ministerpräsident nun eine Debatte über die Förderung der Agrarmillionäre auslöst. Die Bundesregierung hat sich genauso wenig zu Stoibers Appell geäußert wie zu den Forderungen der EU-Kommission und der Verbände. Berlin will aber bis Ende August eine Linie festlegen. HANNA GERSMANN