: Neukölln lehnt Antrag für Moschee ab
Der Bezirk kassiert einen Bauantrag für eine Moschee des Vereins Inssan. Begründung: Das geplante Gebäude sei viel zu groß. Die CDU-Baustadträtin lehnt die Moschee aus politischen Gründen ab. Inssan nennt die Ablehnung eine „Wahlkampfaktion“
VON TORSTEN GELLNER
Die Bezirksverwaltung Neukölln lehnt den Bau eines islamischen Kulturzentrums und eine Moschee, die der Verein Inssan in der Pflügerstraße errichten will, weiterhin ab. Die Baustadträtin des Bezirks, Stefanie Vogelsang (CDU), erklärte gestern vor der Presse, sie sei äußerst froh darüber, einen unlängst gestellten Bauantrag „aufgrund erheblicher planungsrechtlicher Bedenken“ ablehnen zu können. Das geplante Gebäude überschreite die zulässige Baugröße enorm.
Die Freude der Stadträtin erklärt sich damit, dass sie das Projekt in erster Linie aus inhaltlichen Gründen ablehnt. Der Bau sei nämlich „kontraproduktiv für die Integration“ im Bezirk, sagte sie und verwies auf den Verfassungsschutz. Dieser wirft Inssan Verstrickungen zu islamistischen Vereinigungen vor.
Käufer des 5.000 Quadratmeter großen Grundstücks in der Pflügerstraße ist Ibrahim El-Zayat, der Präsident der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD). Der Berliner Verfassungsschutz betrachtet die IGD als Interessenvertretung der Muslimbruderschaft, einer fundamental-islamistischen Gruppe, die das Existenzrecht Israels infrage stellt und die Trennung von Staat und Religion ablehnt. Diese Vorwürfe zitierte gestern auch Baustadträtin Vogelsang.
Doch ihre gute Laune währte nicht lange. Denn unter die Pressevertreter hatten sich auch die Bauherren gemischt, darunter der Käufer El-Zayat. Dieser forderte von der Stadträtin Belege dafür, dass er sich je verfassungsfeindlich geäußert habe. Vogelsang konnte entsprechende Zitate nicht vorlegen und verwies abermals auf den Verfassungsschutz: „Ich habe keinen Anlass, dessen Erkenntnisse in Zweifel zu ziehen.“ So entwickelte sich aus der Pressekonferenz ein Streitgespräch zwischen den konkurrierenden Parteien, das schließlich so heftig wurde, dass die Stadträtin mit dem Gebrauch ihres Hausrechts drohte.
Der Disput offenbarte noch einmal die Komplexität des seit drei Jahren währenden Konflikts. 2003 hatte der Bezirk eine Bauvoranfrage von Inssan negativ beschieden. Inssan legte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Widerspruch ein – und bekam Recht. Dann drohten jedoch Anwohner ihrerseits, gegen die Entscheidung des Bausenats zu klagen. Die Senatsverwaltung prüfte die Pläne noch einmal und widerrief ihre Genehmigung. Daraufhin zog Inssan vor das Verwaltungsgericht, um den Rückzieher vom Rückzieher einzuklagen. Der Fall soll in wenigen Wochen verhandelt werden. Unabhängig davon hatte Inssan im Juni noch einen Bauantrag beim Bezirk gestellt, der jetzt abgelehnt wurde.
Inssan präsentiert sich als tolerant und dialogbereit. „Es gibt wohl keinen Verein, der in den vergangenen zwei Jahren mehr für das Miteinander zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft getan hat als Inssan“, heißt es in einer Selbstdarstellung. Der Verein hat prominente Fürsprecher, darunter die einstige CDU-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, den Grünen-Politiker Cem Özdemir sowie die ehemalige Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU).
Chaban Salih vom Verein Inssan beklagt sich darüber, dass der Bausenat auf ein Kompromissangebot des Vereins nicht eingegangen sei. „Wir sind bereit dazu, das Gebäude bis zu 50 Prozent zu verkleinern“, beteuert er. „Wir haben auch versucht, ein Gespräch in der Sache mit Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky zu führen. Aber der hat abgelehnt.“ Salih hält die Vorwürfe für haltlos und vermutet, die Ablehnung des Bauprojekts sei eine „wenig überzeugende Wahlkampfaktion“ der Baustadträtin. Stefanie Vogelsang will im Herbst Bezirksbürgermeisterin von Neukölln werden.