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: Mehr als ein Betriebsausflug

Das Team USA will Basketballweltmeister werden. Bis auf wenige Ausnahmen setzt Trainer Mike Krzyzewski auf NBA-Ergänzungspieler

Am 19. August beginnt die Basketball-Weltmeisterschaft in Japan. Favorit ist die USA. Das liegt daran, dass die USA immer der Favorit auf den Titel des Basketball-Weltmeisters ist. Holen sollen diesen Titel allerdings Spieler mit so klangvollen Namen wie Shane Battier, Kurt Hinrich oder Chris Bosh. Klingt nicht gerade nach Dream Team, liegt aber daran, dass der Favorit nicht immer den Titel holt. Denn weil die USA im internationalen Vergleich zuletzt erbärmlich abschnitten hat, hat im amerikanischen Basketballverband ein grundsätzliches Umdenken eingesetzt.

Nach einer, an den eigenen Ansprüchen gemessenen katastrophalen Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2004 und einem geradezu unglaublichen sechsten Platz zwei Jahre zuvor bei der Heim-WM in Indianapolis, war klar: Eine Ansammlung von NBA-Stars auf lockerem Betriebsausflug war nicht mehr ausreichend, den Rest der Welt in die Schranken zu weisen. Beim Verband entschied man sich für einen schmerzhaften Schnitt und verpflichtete Mike Krzyzewski, den legendären Trainer der Duke University. Ausgerechnet ein College Coach soll die verwöhnten Profis auf Vordermann bringen. Der allgemein respektierte Krzyzewski stellte den Kader auf den Kopf und machte dabei keinen Halt vor etablierten Namen. Sein Ziel: Ein Team zusammenzustellen, das besser zurechtkommt mit der Zonenverteidigung, die die meisten Nationalmannschaften spielen, um die überragenden individuellen Fähigkeiten der US-Stars zu neutralisieren.

So sind die zentralen Figuren von Team USA, momentan im Trainingslager in Las Vegas, zwar nun die Jungstars Lebron James (21) von den Cleveland Cavaliers und Dwayne Wade (24), der gerade mit den Miami Heat NBA-Meister geworden ist und zum besten Spieler der Finalserie gegen Dirk Nowitzkis Dallas Mavericks gewählt wurde. Aber seinen Kader füllte Krzyzewski auf mit Ergänzungsspielern, die nicht einmal in ihren Teams die erste Geige spielen: Bruce Bowen, der Verteidigungsspezialist von den San Antonio Spurs, oder Joe Johnson, ein Scharfschütze von der Dreierlinie von den Atlanta Hawks, kamen recht unverhofft zu internationalen Ehren. „Ich hätte mir nie vorstellen können, nominiert zu werden“, freute sich der bereits 35-jährige Bowen, „es ist unglaublich aufregend, für mein Land spielen zu dürfen.“

Stattdessen fehlen Stars wie Shaquille O’Neal, Kobe Bryant, Tim Duncan, Allen Iverson, Kevin Garnett oder Paul Pierce. Manche sind aus gesundheitlichen Gründen nicht dabei wie Bryant, der sich am Knie operieren lässt, oder aus privaten wie O’Neal, der diesen Sommer mit seinen Kindern verbringen will. Andere allerdings, wie Iverson, wurden erst gar nicht eingeladen, weil man sie entweder als negativen Einfluss auf den Rest des Teams fürchtet oder sie nicht ins neue, mannschaftsdienliche Konzept von Coach Krzyzewski passen. „Hätte ich die besten Spieler nominieren sollen, wäre alle mit Sicherheit dabei gewesen“, tröstete Verbandsmanager Jerry Colangelo den Verschmähten, „aber ich muss das bestmögliche Team aufstellen. Wir brauchen eine gute Mischung.“

Der als extrem ehrgeizig bekannte Iverson, der sich im Gegensatz zu anderen etablierten Stars schon früh für das Team angeboten hatte, war zwar zerknirscht, hielt sich aber mit Kritik zurück. Die holte dafür sein Teamkollege von den Philadelphia 76ers, Chris Webber, nach: „Brächte man Charles Barkley, Karl Malone und John Stockton wieder in Form, würden die immer noch besser spielen als diese Truppe.“ Das könnte schwierig werden, haben die drei doch mittlerweile ein gesegnetes Alter erreicht. Dafür allerdings waren sie Mitglieder jenes ersten Dream Teams um Michael Jordan, Magic Johnson und Larry Bird, das bei den Olympischen Spielen 1992 die Welt verzückte und NBA-Basketball endgültig zu einer internationalen Marke machte. Doch auch wenn Mike Krzyzewski damals in Barcelona als Assistenztrainer dabei war, diese Zeiten sind endgültig vorbei, der Rest der Welt erstarrt nicht mehr in Ehrfurcht vor den großen Namen und den dicken Gehältern. Viele Gegner spielen mittlerweile selbst in der NBA. Trotzdem sind die USA immer noch Titelfavorit. Aber nicht immer holt der Favorit auch den Titel. THOMAS WINKLER