STARALBUM: BRUNO GANZ
: Der Griesgram

Dieser Blick! Bruno Ganz könnte Milch sauer gucken. Zum Feind möchte man den 72-Jährigen nicht haben. Wenn ihm etwas nicht schmeckt, verbirgt er das nicht, sondern lässt seinem Spott freien Lauf.

Das bekam kürzlich erst die Verlegerin Friede Springer zu spüren. Ganz wurde mit der Goldenen Kamera für sein Lebenswerk ausgezeichnet und mokierte sich in seiner Dankesrede darüber, dass Springer ihn mal mit „Klaus Maria Brandauer“ angesprochen habe und weder sie noch Verlagschef Mathias Döpfner die Veranstaltung der Programmzeitschrift Hörzu mit ihrer Anwesenheit beehrten. Das fand Ganz ziemlich offensichtlich ungehörig.

Sicherlich hat verletzte Eitelkeit dabei eine Rolle gespielt, diese wohl schauspielertypische Mischung aus Minderwertigkeitsgefühlen und Abfeiern der eigenen Großartigkeit. Den Anteil von Ganz’ erschlaffter Gesichtsmuskulatur an der Wirkung seiner Worte darf man allerdings auch nicht unterschätzen. Gegen ihn sehen selbst die Herren Waldorf und Statler aus der Muppet Show aus wie Frohnaturen.

Ganz ist gefühlte 120 Jahre alt und hat schon alles gesehen – aber so wie in dieser Pressekonferenz, zur Gangstergroteske „Kraftidioten“, ist er noch nie beleidigt worden. Das steht ihm zumindest im Gesicht geschrieben. Journalisten wagen es doch tatsächlich, ihn immer noch auf Wim Wenders’ „Der Himmel über Berlin“ anzusprechen, verbunden mit der – zugegeben – schwachsinnigen Frage, wieso er denn nach dem Engel Damiel nun einen serbischen Mafiapaten spiele – mehr als 25 Jahre später. „Ich bin Schauspieler“, ruft er dem Fragesteller in Erinnerung. „Ich spiele wahnsinnig gern sehr unterschiedliche Rollen. Das ist mein Leben. Voilà!“

Während die Skandinavier – „Kraftidioten“ ist eine norwegisch-schwedisch-dänische Koproduktion – einen unkomplizierten, sympathischen, heiteren, ergo: skandinavischen Eindruck hinterlassen, geht von Ganz (nicht nur im Gesicht!) eine gravitätische Schwere aus, die höchstens durch Ironie im kaum wahrnehmbaren Bereich abgemildert wird (oder ist das nur Einbildung?). Was auch an den Fragen liegen könnte. „In letzter Zeit gibt es viele Beerdigungen“, sagt Ganz, als man ihn nach der komischen Seite des Todes fragt (im Film sterben viele Menschen, und es darf, ja soll darüber gelacht werden). Er habe sich in seiner Heimatstadt Zürich auch schon ein Grab gekauft. „Das fand ich nicht so komisch. Und teuer.“ DAVID DENK