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Archiv-Artikel

off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Pierrot le fou – Elf Uhr nachts“ 7. 8. im Central

Enormes Tempo, surrealer Witz und eine an Werbeclips angelehnte Ästhetik mit Reißschwenks, Jump-Cuts und Handkamera: Der gebürtige Amerikaner Richard Lester brachte in den 1960er-Jahren mit seinen Filmen ordentlich Schwung in das britische Kino. In der frenetischen Farce „The Knack … and How to Get It“ erzählt er die Geschichte eines Mädchens aus der Provinz, das in London nach dem Christlichen Verein Junger Mädchen sucht, jedoch vornehmlich auf Sexmaniacs trifft. Gespielt wird die junge Dame von Rita Tushingham, die mit der für sie typischen Naivität und Neugier aus großen Augen unter ihrer Ponyfrisur in die Welt schaut und schließlich den verklemmten Colin kennen lernt, der den „gewissen Kniff“ bei den Mädchen eben noch nicht herausgefunden hat. Von seinem Mitbewohner erhält er absurde Ratschläge („mehrere Liter Vorzugsmilch täglich“) und ist ansonsten davon überzeugt, dass man für den Erfolg bei Frauen ein überbreites Bett benötigt. Jenes wird von den Protagonisten alsbald auf Räder gestellt und als Reisegefährt für eine übermütige Fahrt durch die Stadt zweckentfremdet. Zwischen die Sketche mit ihrer Fülle von Sight-Gags hat Lester Einstellungen von überraschten, mit der versteckten Kamera eingefangenen Passanten geschnitten, die das Treiben mit Bemerkungen, die ihnen in den Mund gelegt werden, kommentieren.

„Nanook of the North – Nanuk, der Eskimo“ 8. 8. im Babylon Mitte

Mit der Kultur der Inuit kam der berühmte Dokumentarfilmer Robert Flaherty zum ersten Mal in Berührung, als er in den 1910er-Jahren für eine Minengesellschaft in der Gegend der Hudson Bay nach Eisenerz suchte. Als er später weitere Reisen in die Arktis unternahm, packte er auch eine Kamera ein und machte seine ersten Dokumentaraufnahmen. Bald galt Flaherty als Experte für Eskimo-Kultur, über die er auch ein Buch veröffentlichte. 1920 kehrte er schließlich zur Hudson Bay zurück, um einen Film über das Leben der arktischen Ureinwohner zu drehen. In zweijähriger Arbeit entstand die Dokumentation „Nanook of the North“, in deren Mittelpunkt eine Inuit-Familie steht, die sich in dem kalten, feindlichen Lebensraum durchschlagen muss. Spannungseffekte erzielt Flaherty durch seine Inszenierung, die dem Zuschauer oft einen Teil an Information vorenthält und das manchmal rätselhafte Tun seiner Protagonisten erst später auflöst. Allerdings waren die Jagdmethoden der Eskimos 1922 längst nicht mehr so archaisch wie im Film geschildert – Flaherty hatte Nanook die Bräuche der Vorfahren wieder beigebracht. Trotzdem war das Leben in der Arktis hart: Einige Jahre später verhungerte der „Filmstar“ Nanook in einem besonders strengen Winter. Eine der attraktivsten Autofahrten der Filmgeschichte findet sich in Jean-Luc Godards „Pierrot le fou – Elf Uhr nachts“ (1965). Jean-Paul Belmondo und Anna Karina formatfüllend in Cinemascope hinter der Windschutzscheibe, über die in schöner Regelmäßigkeit bunte Lichter flitzen: so stilisiert wie die ganze romantisch-essayistischen Abenteuergeschichte mit einigen Leichen, viel Kunstgeschichte sowie einer Menge Rot und Blau. Lars Penning

„The Knack … and How to Get It“ 5. 8. im Filmkunst 66