: Schlammschlacht an der ADAC-Spitze
KRISE Der Automobilclub hat beim „Gelben Engel“ noch mehr manipuliert – jetzt tritt sein Präsident zurück
HEIKO MAAS, JUSTIZMINISTER (SPD)
AUS MÜNCHEN TOBIAS SCHULZE
Er ist der größte Club Deutschlands und seine Führung trägt die derzeit wohl größte öffentlich Schlammschlacht im Land aus: Am Montag legte der 64-Jährige ADAC-Präsident Peter Meyer sein Amt nieder. Nach wochenlangen Skandalenthüllungen um die Manipulationen beim Autopreis „Gelber Engel“ war es kein Abgang im Guten: „Für Fehler und Manipulationen von hauptamtlichen Führungskräften, denen (…) die Besorgung der laufenden Geschäfte obliegt, möchte ich nicht länger alleine verantwortlich gemacht werden“, sagte Meyer laut in einer am Vormittag verbreiteten Erklärung der nordrheinischen ADAC-Sektion – Meyers Heimat.
Der Exchef beklagte darin, dass ihm die Vereinsoberen bei seinen Reformbemühungen nicht gehorcht hätten: „Wenn die Gremien in Krisen eine Gefolgschaft nicht leisten, kann es keine strukturellen und unternehmenskulturellen Veränderungen im ADAC geben.“ Die in den letzten Tagen „erfahrenen Angriffe und Diffamierungen belasteten nicht nur den ADAC, sondern auch seine Familie“.
Die von Meyer so attackierten „Gremien“ ließen dies nicht auf sich sitzen: „Angesichts der aktuellen Vertrauenskrise des ADAC und der erschütternden Ergebnisse der aktuellen Krisenaufarbeitung“ habe das Präsidium ein Suspendierungsverfahren gegen Meyer eingeleitet, hieß es kurz darauf – diesmal in einer Erklärung der ADAC-Zentrale in München. Meyer sei also nur seinem Rauswurf zuvorgekommen. Dankesworte? Fehlanzeige. Stattdessen die kühle Formulierung, man nehme den Rücktritt „zur Kenntnis“.
Doch jetzt setzte Meyer noch einen drauf und bezichtigte seine Exkollegen der Lüge: Von einem Suspendierungsverfahren könne gar keine Rede sein, denn dies könne laut Vereinssatzung nur „auf Antrag des Generalsyndikus vom Präsidium beschlossen werden“. Einen solchen Antrag aber gebe es gar nicht, erklärte Meyer, erneut über den ADAC-Regionalverband Nordrhein. Deshalb sei die Darstellung des Präsidiums zu seinem Rücktritt „unrichtig“.
Die wirklich schlechten Nachrichten für den ADAC kamen am Montag aber von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Die stellte ihren Untersuchungsbericht vor – und bestätigte Manipulationen bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“. Dass der ADAC die Teilnehmerzahl der Mitgliederabstimmung gefälscht hatte, räumte er schon im Januar ein. Die Experten von Deloitte befragten in den letzten Wochen Club-Mitarbeiter und rekonstruierten gelöschte Daten. Ihr Fazit bestätigt Medienberichte, denen zufolge auch die Reihenfolge der Gewinnerautos manipuliert wurde. Daimler, BMW, Porsche und Volkswagen haben daraufhin bekannt gegeben, sämtliche gewonnenen Preise an den ADAC zurückzugeben.
Meyer hatte seinen Rücktritt bis zuletzt ausgeschlossen. „Weiterkämpfen für die gute Sache, darin sehe ich jetzt meine Pflicht“, sagte er noch am Wochenende der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Der Automobilclub müsse dringend reformiert werden und den Neuanfang könne nur anstoßen, wer den Verein von Grund auf kenne – er selbst also. Daraus wird nun nichts.
Seine Nachfolge übernimmt vorläufig sein bisheriger Stellvertreter August Markl. Auch dieser hat bereits Reformen angekündigt. Für deren Umsetzung ist die Geschäftsführung um Karl Obermair zuständig. Auch er steht in der Kritik, kann sich bisher aber im Amt halten.
Politiker begrüßten Meyers Rücktritt. „Es gilt jetzt, eine neue und unbelastete Spitze zu finden, die alle Vorfälle rigoros aufklärt und den Mut zu einem echten Neuanfang vermitteln kann“ sagte Ulrich Lange, Verkehrsexperte der CDU. Justizminister Maas (SPD) mahnte weitere Reformen an. „Dieser Rücktritt wird allein nicht ausreichen“, sagte er.