Ole von Beusts Farbenlehre

KOALITION Kurz vor dem offiziellen Rücktritt erfreut Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) seine Partei mit schwarz-grünen Farbspielen auf Bundesebene. Die Politik brauche mehr Mut, Neues zu wagen

„Man ist einfach schneller durchgenudelt, als das vor 20 Jahren der Fall war“

Das Beste kommt zum Schluss: Wenige Tage vor seinem offiziellen Rücktritt hat Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung an seine Partei appelliert, eine offenere Debatte über ein Bündnis von Union und Grünen auf Bundesebene zu führen. Zurzeit werde dort noch „viel zu ritualisiert über Schwarz-Grün geredet“, kritisierte von Beust.

Alle hätten „immer Angst, ihre Stammwähler zu verlieren“, beklagte der scheidende Bürgermeister. Diese Angst sei falsch: „Meistens wählen die Stammwähler doch ihre Partei“, sagte von Beust, ohne auf das kräftige Umfrage-Tief der Hamburger CDU einzugehen. Statt ängstlich zu agieren, brauche die Politik „mehr Bereitschaft, Neues zu wagen“.

In dem Gespräch legte der 55-Jährige seine persönlichen Gründe für den Rückzug ins Private offen. „Ich finde, irgendwann hat sich ein Berufspolitiker verbraucht. Dann wiederholt sich alles“, erklärte von Beust: “ Dieses Gefühl habe auch mit der zunehmenden Dichte der Medienberichterstattung zu tun.

„Man ist einfach schneller durchgenudelt, als das vor 20 Jahren der Fall war“, sagte der scheidende Bürgermeister. Manchmal gerate die „ewige Präsenz in der Öffentlichkeit“ auch zur Belastung. Für ihn gelte: „32 Jahre Landespolitik, davon 17 hauptberuflich: Das ist genug.“ Von Beust erklärte weiter, er habe den konkreten Zeitpunkt seines Rücktritts Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor rund vier Wochen auf der Nordseeinsel Sylt genannt. „Dass ich intensiv darüber nachgedacht habe, ob ich in zwei Jahren noch mal antreten würde, wusste sie aber schon länger“, sagte von Beust. Merkel habe gesagt, sie finde dies „schade“, habe weder versucht, ihn umzustimmen noch ihm ein anderes Amt angeboten.

Von Beust hatte am 18. Juli angekündigt, sein Amt zum 25. August niederlegen zu wollen.

MARCO CARINI

Inland SEITE 6