: Kritik ja, Kampagne nein
Ministerium und Gutachter: Kassen müssen mit Kritik an Gesundheitsreform maßhalten
FREIBURG taz Krankenkassen dürfen Gesetzgebungsvorhaben kritisieren, aber keine Kampagnen dagegen starten. Diese Rechtslage versuchte gestern Klaus-Theo Schröder, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, den Spitzenverbänden der Krankenkassen zu vermitteln. Die Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes VdAK, Doris Pfeiffer, sagte danach, es habe keine Annäherung gegeben. „Die Kassen werden ihre Informationstätigkeit über die geplante Gesundheitsreform fortsetzen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte die Kassen in letzter Zeit mehrfach gewarnt, sie hätten kein „allgemein politisches Mandat“. Dem stimmten die Kassen gestern zu. „Wir äußern uns ja auch nicht zum Irakkrieg oder zum Kongo-Einsatz der Bundeswehr“, sagte Pfeiffer. Die Gesundheitspolitik gehöre jedoch zu ihren „originären Aufgaben“.
Tatsächlich heißt es im Gesetz (Paragraf 217 SGB V): Die Kassen „sollen die zuständigen Behörden in Fragen der Gesetzgebung unterstützen“. Sie sind also geradezu verpflichtet, bereits im Vorfeld einer Reform ihren Sachverstand einzubringen. „Dabei dürfen die Kassen durchaus auch kritische Stellungnahmen abgeben“, erklärte gestern eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums, „sie dürfen aber keine Kampagne gegen die Pläne der Regierung“ starten.
Ganz ähnlich sieht das auch der Sozialrechtler Heinz-Dietrich Steinmeyer von der Uni Münster, den die Kassen mit einem Gutachten beauftragt haben. Die Interessensvertretung der Kassen erfordere zwar die Teilnahme am öffentlichen Diskurs, müsse sich aber im Rahmen des Angemessenen halten. „Hier ließe sich fragen, ob es wirklich der Mobilisierung von Bündnispartnern bedarf und wirklich deutlich gemacht werden sollte, dass man die Reform ‚zielgerichtet‘ verhinden will“, schreibt selbst der Kassengutachter. CHRISTIAN RATH