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Archiv-Artikel

„Besondere Abhängigkeit“

SPALTUNG Hans Peter Bull diskutiert, wie wichtig öffentliche Güter für eine soziale Stadt sind

Von KNÖ
Hans Peter Bull

■ 77, war der erste Bundesbeauftragte für Datenschutz und Innenminister in Schleswig-Holstein. Foto: dpa

taz: Herr Bull, hat der Verkauf der Landesbetriebskrankenhäuser die Spaltung in Hamburg vertieft?

Hans Peter Bull: Der Verkauf hat negative Folgen für Bürger, Landeshaushalt und Arbeitnehmer.

Inwiefern?

In privater Hand setzt der Betrieb stark auf Rationalisierung und die Einsparung von Personal. Dadurch sind Mängel in den Krankenhäusern eingetreten. Zudem hat das Land keinen wirklichen Gegenwert bekommen, sondern zugezahlt.

Wenn Wettbewerb herrscht: Ist es dann nicht egal, ob ein Betrieb sich in öffentlicher oder privater Hand befindet?

Nicht unbedingt. Die Trägerschaft des Landes oder einer Kommune bedeutet, dass die Allgemeinheit über Steuermittel den Betrieb so organisieren kann, dass die Qualität dessen, was für die Bürger herauskommt, besser ist. Der Verzicht auf Gewinne schafft Spielraum für günstigere Entgelte, mehr Investitionen und damit bessere Leistungen.

Schließt das auch die Subventionierung von Leistungen ein?

Kürzlich hat ein Gericht festgestellt, dass ein Landkreis seine Krankenhäuser subventionieren darf. Das EU-Recht lässt für die Daseinsvorsorge Ausnahmen vom Beihilfeverbot zu.

Wäre es in Ordnung, den Wasserpreis zu stützen?

Sicher. Wir brauchen Wasser zum Leben. Es muss allen Menschen gleichmäßig und zu möglichst niedrigen Kosten zur Verfügung stehen. Wenn damit Gewinne erwirtschaftet werden sollen, ist das unangemessen und wirkt sich erfahrungsgemäß auch negativ auf die Erhaltung und Verbesserung des Netzes aus.

Wäre es nicht sinnvoller, eine Subvention dort zu veranschlagen, wo sie anfällt, beim Empfänger?

Die Subjektförderung, wie sie es etwa in Gestalt des Wohngelds gibt, wäre eine Alternative. Aber bei der Wasserversorgung sehe ich das nicht, weil dann in sehr großem Maße Subjektförderung betrieben werden müsste und weiterhin das Gewinnstreben da wäre. Das heißt, der Staat müsste mehr draufzahlen bei der Förderung der einzelnen Abnehmer, als wenn er selber die Produktion organisiert oder garantiert.

Was ist das zentrale Kriterium dafür, ob ein Betrieb privat oder öffentlich sein sollte?

Es kommt auf die besondere Abhängigkeit des Individuums von der Leistung an.  INTERVIEW: KNÖ

5. Konferenz zur sozialen Spaltung, mit Beiträgen von Hans Peter Bull, Carl Christian von Weizsäcker (Ökonom) und Ulrike Herrmann (taz): 10 bis 17 Uhr, HAW, Berliner Tor 21