: Viele Fragen im Fall Ameland noch offen
MISSBRAUCHSFÄLLE Nach der Vernehmung der Freizeit-Teilnehmer bleibt unklar, was die Betreuer wussten
ALEXANDER RETEMEYER, STAATSANWALT
Die Ermittlungen in den Missbrauchsfällen während einer Ferienfreizeit auf Ameland dauern weiter an. Mittlerweile sind alle 39 Jugendlichen vernommen worden, die Anfang Juli die Vorfälle in dem Ferienhaus „Silbermöwe“ miterlebt haben. Laut Polizeiangaben gibt es acht Beschuldigte und acht Opfer.
Nach Angaben des Osnabrücker Oberstaatsanwalts Alexander Retemeyer haben sich dabei einige Aussagen widersprochen. Deshalb würden in dieser Woche die Opfer, in der nächsten die Beschuldigten erneut befragt. „Dabei geht es um die genauen Formulierungen“, sagt Polizeisprecher Jens Jantos. „Es ist eine Art Selbstschutz, Details auszublenden.“
Drei der Beschuldigten lassen sich durch einen Anwalt vertreten. „Die haben nun Akteneinsicht und müssen sich in den Fall einarbeiten. Das dauert eine Weile“, sagt Retemeyer. Wie man die Schuldigen bestrafe, hänge von der individuellen Schuld ab: „Es gab Antreiber und solche, die nur daneben gestanden haben.“ Über die Möglichkeiten berate man mit dem Jugendamt.
Geklärt werden muss außerdem, inwieweit die Betreuer über die Vorfälle informiert waren. Erst wenn die Jugendlichen vernommen worden sind, kann die Polizei sie befragen. „Wir müssen sie vorher belehren, ob sie als Beschuldigte oder als Zeugen auftreten“, sagt Retemeyer.
Ein Betreuer sagte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, die Jugendlichen hätten das Wort „Fisting“ benutzt. Sie hätten den Kindern daraufhin deutlich gemacht, dass solche Worte nicht mehr fallen dürften.
Vor zwei Wochen trafen sich die zwölf Betreuer mit dem Stadtsportbund Osnabrück, der die Freizeit ausgerichtet hatte. „Dort haben wir sie gebeten, noch einmal in sich zu gehen und zu prüfen, welche Situation sie aus heutiger Sicht falsch bewertet hätten“, sagt der Vorsitzende Wolfgang Wellmann. Es habe sich keiner gemeldet. Die Gerüchte, dass zwei Betreuer das Team verlassen hätten, seien zudem falsch. DEBORAH LÖFFLER
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