Kinder zu Lidl

PANIKMACHE Einwwohner von Groß Flottbek erhalten anonyme Flugblätter gegen eine neue Kita im Wohngebiet. Dabei ist die noch nicht mal genehmigt

2005 sorgten erstmals Anwohnerproteste gegen die Kita „Marienkäfer“ in Mariental für Schlagzeilen.

■ Die Kita musste umziehen und wurde nach erneuten Protest am neuen Standort mit einer 60 Meter langen Lärmschutzwand abgeschottet.

■ Inzwischen gibt es immer mehr Anwohnerproteste gegen Kitas.

■ Aktuell betroffen sind rund ein Dutzend Einrichtungen. Die meisten sind in Eimsbüttel, Altona und Wandsbek beheimatet oder sollen dort entstehen. In fünf Fällen sind Sternipark-Kitas betroffen.

Die Verfasser des Flugblatts, das in den vergangenen Tagen in den Briefkästen vieler Othmarschner und Groß Flottbeker Haushalte landete, bleiben unbekannt. Ohne ihre Identität preiszugeben mobilisieren die anonymen Autoren gegen eine Kindertagesstätte, die nach derzeitigem Stand ohnehin nicht kommen wird. „In der Adickestraße 37 entsteht eine Sternipark-Kita mit 50 Plätzen für Kinder“, behaupteten die Verfasser wahrheitswidrig, um anschließend die Nachbarschaft aufzufordern, eine Interessengemeinschaft zu gründen und ein solches Ansinnen im Keim zu ersticken.

Denn dass Kinder nicht in einem Wohngebiet spielen sollten, ist für die Autoren selbstverständlich: „Solche Einrichtungen gehören […] neben das Kino UCI, neben Lidl oder ähnlich“, heißt es in der Hetzschrift. Ihre Befürchtung: Eine Verkehrsflut. „50 Autos morgens, 50 Autos abends zusätzlich“, seien „gegen die Bürgerinteressen derer, die die meisten Steuern zahlen“, outen sich die Verfasser als Spitzenverdiener, die nicht einmal auf die Idee kommen, dass Kinder auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu Hort und Krippe gebracht werden könnten.

Inhaltlich richtig an der Flugschrift ist allein, dass Sternipark tatsächlich eine Kita in dem Wohngebäude plant, allerdings nur für 32 Kinder. Der Bedarf aber ist viel höher: 200 Kinder stünden auf der Warteliste der benachbarten Sternipark-Kita in der Reventlowstraße, deren Kapazität nach Anwohnerprotesten von 60 auf 22 heruntergeschraubt wurde, sagt Sternipark-Geschäftsführerin Leila Moysich.

Doch auch das Ausweichquartier in der Adickestraße wurde vom Altonaer Bezirksamt nicht genehmigt, weil der Standort in einem „besonders geschützten Wohngebiet“ liege. Da aus Sicht von Moysich diese „Ablehnung unzulässig“ ist, reichte Sternipark bereits im vergangenen Jahr Klage vor dem Verwaltungsgericht ein – und hat seitdem von der zuständigen Kammer nichts mehr gehört. „Wir haben Anfang dieser Woche das Gericht aufgefordert, nun endlich zu entscheiden“, sagt Moysich.

Dass nun anonyme Flugblätter mit falschen Behauptungen kursieren, findet Moysich „problematisch“. Wer nicht zu dem stehe, was er verbreite, „entziehe sich jeder Diskussion und setze auf dem Rücken der Kinder und ihrer Eltern auf Konfrontation“, klagt die Sternipark-Geschäftsführerin. Denn offen sei noch kein einziger Anwohner der Kita an Sternipark herangetreten um sich zu beschweren, sagt Moysich. MARCO CARINI