: Bezirkswahlen mit Frühreifen
Erstmals dürfen schon 16-Jährige die Bezirksparlamente mitwählen. Die großen Parteien sind ausnahmslos zufrieden und gehen mit Bildungsthemen und einer Schülerzeitung auf Stimmenfang
VON JONAS MOOSMÜLLER
Großer Einigkeit herrschte im September vergangenen Jahres, als alle Fraktionen, mit Ausnahme der CDU dafür stimmten, das Wahlalter bei Kommunalwahlen von 18 auf 16 Jahre herabzusetzen. Nun tritt am 17. September die Regelung erstmals in Kraft. Gut 60.000 Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren sind aufgerufen, bei der Wahl der Bezirksparlamente ihre Stimme abzugeben.
Die Berliner Parteien bewerten die Beteiligung Jugendlicher durchweg positiv. „Wir sind davon überzeugt, dass Jugendliche schon ab 16 reif genug sind, in eigener Sache zu entscheiden“, meint beispielsweise Axel Hildebrandt, Sprecher der Linkspartei.PDS. Ginge es nach ihnen, sei das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht: Die Partei könne sich, so Hildebrandt, eine ähnliche Regelung auch auf Landes- und Bundesebene vorstellen. „Das neue Wahlalter wird der heute schneller eintretenden Reife von Jugendlichen gerecht“, ist sich auch die Landesvorsitzende der Grünen, Almuth Tharan, sicher. Das Argument, Jugendliche würden sich immer weniger für Politik interessieren, könne sie nicht bestätigen: Bei Schuldiskussionen beobachte man immer wieder „ein ganz aktives Einmischen Jugendlicher“.
Auch Hannes Hönemann, Pressesprecher der SPD, glaubt nicht an schlecht informierte junge Wähler: „Jugendliche lesen vielleicht weniger Zeitung als 45-Jährige, sind aber wegen des Kontakts zum Internet sehr viel medienerfahrener.“ Problematisch sei an der aktuellen Regelung lediglich, den Jugendlichen zu vermitteln, dass sie zwar über ihr Bezirksparlament mitbestimmen, nicht aber an der Landtagswahl teilnehmen könnten, sagt Hönemann.
Selbst die CDU – im September letzten Jahres noch als einzige politische Kraft gegen die Herabsetzung des Wahlalters – hat mittlerweile umgedacht. „Für Jugendliche sind die BVV-Wahlen der richtige Einstieg in die Politik“, sagt der CDU-Sprecher Michael Thiedemann. Da Jugendliche jedoch noch nicht volljährig und für radikale Parolen anfälliger seien, sehe man im Moment keinen Diskussionsbedarf, das Wahlalter auch auf Landesebene abzusenken.
Bleibt die Frage, was die Parteien versuchen, um junge Wähler in den verbleibenden Wochen für ihre Ideen zu gewinnen. Die CDU wolle sich in keinem Fall bei den Jugendlichen anbiedern und vertraue auf ihre Konzepte bei den Themen Bildung und Ausbildung, sagt Thiedemann. Die PDS setzt bei ihrem Jugendwahlkampf in erster Linie auf Diskussionsveranstaltungen in den Berliner Schulen. Ähnliches haben sich auch die Grünen für die Bezirke vorgenommen. Neben dem Engagement an Schulen plane man aber auch eine Kampagne mit der Grünen Jugend, die nächste Woche vorgestellt werden soll, erklärt die Landesvorsitzende.
Klare Vorstellungen gibt es bei der SPD: Deren Jugendbüro hat eine Schülerzeitung entworfen, die in jedem Bezirk verteilt werden soll. Außerdem veranstalten die Jusos im September eine „Erstwählerparty“, zu der auch der Regierende Bürgermeister erwartet wird.