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Zum Ende der Legislaturperiode im Herbst geht der Berliner Senatsbaudirektor Hans Stimmann in den Ruhestand. Knapp 15 Jahre lang zeichnete er für die Gestaltung des Berliner Zentrums verantwortlich; er favorisierte dabei die so genannte kritische Rekonstruktion, eine Bauweise, die sich an der Vorkriegsbebauung und -stadtplanung orientiert.

Das Erbe des 65-Jährigen können Berliner und Berlin-Besucher schon jetzt vielerorts erleben. Ob am Potsdamer oder Pariser Platz, an der Friedrichstraße oder in der City West – wie im Nachwende-Berlin gebaut wurde, entschied maßgeblich der Sozialdemokrat aus Lübeck. Viel Stein, Rasterfassaden und eine Traufhöhe von 22 Metern – auf diesen Nenner haben Kritiker Stimmanns Architekturcredo gebracht.

Tatsächlich entstanden binnen weniger Jahre dutzende Gebäude im Zentrum Berlins, die sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Über hunderte Straßenmeter zeigen sich Passagen, Hotels und Bürohäuser in immer wieder der gleichen Abfolge von Sockel, Korpus und Dach. Stimmann setzte seinen Einfluss bei der Besetzung von Jurys und Wettbewerbseinladungen durch und damit auch seine Vorstellungen vom richtigen Bauen. Gegen Vorwürfe wehrte er sich im Interview: „Ich bin doch kein Geschmacksdiktator, nur weil ich ein ganz gutes Vermögen habe, gute von schlechter Architektur zu unterscheiden.“

In seiner Schlüsselposition konnte Stimmann die Vorgaben bestimmen. Mit der Verdichtung der innerstädtischen Räume wollte der Planer das historische Raster Berlins wieder herstellen. Der Potsdamer Platz als Konsum- und Erlebniswelt mit Renzo Pianos Debis-Haus und Helmut Jahns Sony Center, die von der wilhelminischen Tradition gezeichnete Bebauung rund um das Brandenburger Tor oder der Leipziger Platz wurden auf den städtebaulichen Spuren der Vorkriegszeit errichtet. Vor allem junge Architekten sahen sich mit den Bauvorgaben in ein zu enges Korsett gezwängt. Architekten wie Josef-Paul Kleihues mit dem Haus Liebermann und dem Haus Sommer am Brandenburger Tor oder Hans Kohlhof mit seinem Backsteinbau am Potsdamer Platz konnten sich den Vorgaben der „Berlinischen Architektur“ fügen. Für seinen Entwurf des Glaspalastes der Akademie Künste musste Günther Benisch dagegen lange kämpfen. Und die Architektenzunft zeichnete oft nicht die von Stimmann favorisierten und durchgesetzten Entwürfe aus, sondern Bauten wie das geschwungene GSW-Hochhaus der Berliner Sauerbruch & Hutton am Checkpoint Charlie – Bauwerke, die für Stimmann „sehr exotische architektonische Ansprüche“ haben.