: Reden oder ruhen
MASTPUTENSKANDAL Opposition: Landwirtschaftsministerin Grotelüschen soll ihr Amt ruhen lassen. Vom Ministerium zur Entlastung angeführte eidesstattliche Versicherung eines Putenmäster ist falsch
SPD und Grüne im niedersächsischen Landtag haben Ministerpräsident David McAllister (CDU) aufgefordert, die wegen des Mastputenskandals in die Kritik geratene Agrarministerin Astrid Grotelüschen (CDU) bis auf weiteres von ihrem Regierungsamt freizustellen. Es bestehe der dringende Verdacht, dass Grotelüschen im Zusammenhang mit den Anschuldigungen wegen Tierquälerei in zwei Putenmastbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern öffentliche und private Interessen vermischt und zudem gelogen habe, sagte der Grünen-Abgeordnete Christian Meyer der taz.
Grotelüschen hatte behauptet, sie und das Puten-Imperium ihrer Familie habe mit den beschuldigten Mästereien „nichts zu tun“. Tatsächlich sind die beiden Unternehmen vertraglich und ökonomisch aufs engste miteinander verquickt, unter anderem stellte die Grotelüschen-Firma, die Putenbrüterei Ahlhorn, auf ihrer eigenen Website noch vor kurzem die Unterstützung der Mästereien durch „firmeneigene Veterinäre“ heraus.
Der Mann der Ministerin, Garlich Grotelüschen, bestätigte unterdessen, den Mastbrütereien am 6. August vorformulierte eidesstattliche Versicherungen zugefaxt zu haben. Die Absenderkennung stimmt mit der von Grotelüschen selbst angegebenen Nummer ihres Büros in Großenkneten überein. Ihr Mann sprach von einer „Verwechselung“.
Da die Fernsehsendung, die den Skandal öffentlich machte, erst am 9. August ausgestrahlt wurde, die eidesstattliche Versicherung aber in einigen Punkten präzise auf die in dem Film erhobenen Vorwürfe eingeht, mutmaßt die Opposition, die Ministerin hätte ihren Mann gewarnt. Reporter hatten sie kurz zuvor mit den schockierenden Bildern konfrontiert. In diesem Fall, so Meyer, hätte Grotelüschen ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit verletzt.
Das Kreisveterinäramt Nordvorpommern räumte ein, es sei „bei Mastputenhaltung nicht gänzlich auszuschließen, das einzelne Tiere über Nacht verletzt und von anderen Tieren bepickt werden“. Diese Tiere würden „bei den täglichen morgendlichen Durchgängen ausgesondert, entweder zur Behandlung in die vorhandenen Krankenbuchten verbracht oder gemerzt.“ Bei Kontrollen seien mehrere „Mängel festgestellt“ worden, so waren „die Fressplatzbreite und die Tränkplatzbreite nicht der aktuellen Besatzdichte angepasst.“ Die eidesstattliche Versicherung bestreitet jede Beanstandung. ARMIN SIMON