Bruderkrieg im rechten Lager

Knapp zwei Monate vor den Wahlen zum österreichischen Nationalrat bekämpfen sich die Freiheitlichen der FPÖ und Jörg Haiders Truppe BZÖ mit allen Mitteln

WIEN taz ■ Wenn der Bundesvorstand der FPÖ seine Wahlkampf-Strategiesitzung in einer uneinnehmbaren Trutzburg mitten im Kernland des politischen Gegners hält, hat das sicher Symbolcharakter. Die Freiheitlichen strotzen vor Selbstbewusstsein. Bei ihrer Klausurtagung auf der Renaissancefestung Hochosterwitz im Herzen Kärntens sagten sie gestern Landeshauptmann Jörg Haider und dessen Partei BZÖ den Kampf an.

Die FPÖ, die nach der Abspaltung des BZÖ vor mehr als einem Jahr auf die Regierung keine Rücksicht mehr nehmen muss, bekennt sich zu ihren traditionellen Werten am rechten Rand der Legalität und schickt ihre umstrittensten Ideologen in den Nationalrat, der am 1. Oktober neu gewählt wird. Einzige Frau an wählbarer Stelle ist Barbara Rosenkranz, eine der zwei Abgeordneten, die die FPÖ noch hat. Sie hat ihre deutschnationale Gesinnung schon bei der Namensgebung ihrer zehn Kinder ausreichend manifestiert.

Ewald Stadler, derzeit Volksanwalt, steht nach Parteichef Heinz-Christian Strache ganz oben auf der Liste. Er gibt sich kampflustig und erklärte im ORF-Radio, er wolle die Auseinandersetzung mit jenen in der ÖVP führen, „die versucht haben, uns das Licht auszublasen“. Eine Anspielung auf Bundeskanzler Wolfgang Schüssels Rückendeckung für Haiders Abspaltung. „Die sollen merken, dass das gescheitert ist und sie es mit einer Kraft zu tun haben, die in der Lage ist zurückzuschlagen“. Stadler, der einer schlagenden Burschenschaft angehört, setzt die „Befreiung“ nach dem Zweiten Weltkrieg gerne in Anführungszeichen und wettert gegen „Homosexuelle und andere perverse Partnerschaften“.

Hauptgegner dürfte aber das BZÖ werden, mit dem um die Reihung auf dem Stimmzettel und andere durch die Trennung entstandene Streitfragen heftige Kämpfe toben. 2002 wurde die FPÖ von knapp 10 Prozent gewählt. Aber das BZÖ, das alle bis auf zwei Abgeordnete und sämtliche Kabinettsmitglieder von Blau auf Orange umfärben konnte, gebärdet sich als legitimer Rechtsnachfolger.

BZÖ-Chef Peter Westenthaler findet auch nichts dabei, wenn seine Partei auf dem Stimmzettel als „Die Freiheitlichen, Liste Peter Westenthaler, BZÖ“ firmiert. Außer in Kärnten, dort setzt man auf die Zugkraft des Parteigründers und nennt sich „Die Freiheitlichen, Liste Jörg Haider, BZÖ“. Auch der Schriftzug auf den Plakaten ist wieder blau. Denn Umfragen zufolge wird die Haider-Partei die für den Einzug in den Nationalrat erforderlichen 4 Prozent nicht erreichen, während die FPÖ immerhin mit 7 bis 8 Prozent rechnen kann.

Auch das erhoffte Grundmandat in Kärnten, wo Haider den jüngsten Kompromiss in der Frage zweisprachiger Ortstafeln wieder platzen ließ, scheint in weiter Ferne. Bei Regionalwahlen in Wien und der Steiermark im vergangenen Herbst lag das BZÖ hinter der KPÖ. Wählerbefragungen hatten ergeben, dass viele, die Haider wählen wollten, ihr Kreuzchen bei der FPÖ gemacht hatten.

In der FPÖ reibt man sich ob der Nervosität im orangefarbenen Lager schadenfroh die Hände. Gleichzeitig fürchtet Parteichef Heinz-Christian Strache, dass die ÖVP ihren Koalitionspartner protegiert, wo es geht. Er will daher Wahlbeobachter der OSZE oder aus der EU anfordern. Wahlbeobachtung ist im österreichischen Gesetz nicht vorgesehen. Deswegen wird der Streit vor den Gerichten ausgetragen werden. Der Meinungsforscher Peter Hajek meint in der jüngsten Ausgabe des Wochenmagazins profil, die zunehmende Verwechselbarkeit der beiden Parteien werde Verwirrung stiften, aber letzten Endes ein Nullsummenspiel an verlorenen Stimmen ergeben. RALF LEONHARD