: Opfer von Schleuser werden abgeschoben
Heute wollen guineische Flüchtlinge und Menschenrechtler vor dem Innenministerium demonstrieren: Sie werfen Minister Ingo Wolf (FDP) vor, dass seine Behörden mit einem mutmaßlichen Menschenhändler zusammenarbeiten
DÜSSELDORF taz ■ Auch Sadu Diallo ist wieder in Guinea. Der junge Mann wurde von dem mutmaßlichen Schleuser N`Faly Keita nach Deutschland gebracht und gestern abgeschoben. Ungeachtet der Vorwürfe gegen Keita ist er der fünfte guineische Flüchtling, der von ihm als Guineer identifiziert und anschließend ausgewiesen wurde.
Die Vorwürfe gegen Keita wurden schon vor Monaten erhoben. Er hat sowohl für deutsche Behörden als auch für die Flüchtlinge gearbeitet: Letztere zahlten ihm für die Reise nach Deutschland mehrere hundert oder auch tausende Euro. Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Dortmund wiederum bezahlte ihn für die Identifizierung der AsylbewerberInnen als Guineer – ohne Pass darf niemand abgeschoben werden.
Mittlerweile befasst sich auch der Rechtsausschuss des Landes mit dem Fall. Dennoch werden die Abschiebungen unbeirrt weiter geführt. „Die Anschuldigungen gegen Keita sind doch nur Behauptungen“, sagt Friedhelm Weller, Leiter der ZAB in Dortmund. Irgendjemand wolle Sand ins Getriebe schütten. „Das sind Gutmenschen, die niemanden nach Afrika abschieben wollen,“ vermutet Weller. Seiner Meinung nach sind die Identifizierungen von Keita rechtsmäßig. „Die Flugzeuge sind längst gebucht.“
Bald könnten aus den so genannten Behauptungen harte Fakten werden: Die Dortmunder Polizei prüft gerade ein Zeugenschutzprogramm für zwei Flüchtlinge, die gegen Keita aussagen wollen. In der nächsten Woche rechnet ihr Bochumer Rechtsanwalt Michael Zimmermann mit einer Entscheidung. „Ohne den Zeugenschutz sind meine Mandanten in Lebensgefahr“, sagt Zimmermann. Keita verfüge in Guinea über großen Einfluss auf Mitglieder des Militärs. Seine Klienten könnten die illegale Schleusertätigkeit Keitas nachweisen. „Sie sind bereit, für ihre Aussage jeden Kontakt zu ihrer Familie und ihren Freunden abzubrechen.“
Zimmermann wirft Innenminister Ingo Wolf (FDP) vor, auf Zeit zu spielen. Dieser wolle die Flüchtlinge abschieben, bevor die Ermittlungen gegen Keita aufgenommen werden. „Wir müssen abwarten“, sagt Dagmar Pelzer, Sprecherin des nordrhein-westfälischen Innenministeriums. Aufgrund eines bloßen Verdachts könne Wolf die Abschiebungen nicht aussetzen.
Der Dortmunder Rechtsanwalt Eberhard Vogt hingegen sieht den Liberalen in der Pflicht. Er vertritt den Guineer Mamadouh Bah (siehe Kasten). „Wenn Wolf Interesse daran hätte, die Schlepperbande einzubuchten, könnte er Abschiebungen aussetzen“, sagt er. Dass ein krimineller Menschenhändler mit Behörden in NRW an einem Tisch sitze, sei unglaublich. „Wolf ist ein Hardliner.“
Auch Diallo bekam das zu spüren. Schon vor zwei Wochen wurde er festgenommen. Von seiner schwangeren deutschen Freundin hat er sich nicht mehr verabschieden können. Heute wollen die noch nicht abgeschobenen guineischen Flüchtlinge und Menschenrechtler um zehn Uhr vor dem Innenministerium demonstrieren. Sie wollen an Wolf eine Resolution übergeben.
ANNIKA JOERES