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Archiv-Artikel

METROSEXUELL?

David Beckham (Foto) gilt, was die männliche Eigenprofilierung anbetrifft, als der modernste Fußballer der Welt, das entsprechende Prädikat lautet: metrosexuell. Dieses verdient – oder, je nach Geschmack: zieht sich zu –, wer das Bild des kämpfenden, auf grobschrötige Physis setzenden Kickers verletzt. Beckham, hinlänglich öffentlich verheiratet mit dem Ex-Spice-Girl Victoria, zieht sich ersichtlich modisch an, trägt auch auf dem Rasen die exzellent geschnittenen Haare gegelt und hält bei Fototerminen gern eines seiner Kinder auf dem Arm. Außerdem ist er bereits mit lackierten Fingernägeln abgelichtet worden, auch seine Augenpartie scheint mit einem Kajalstift konturiert worden zu sein. Ein moderner Mann, der einerseits mit seinen Attitüden die Klischees eines Homosexuellen erfüllt, andererseits aber keinen Zweifel an seiner klassischen sexuellen Bestimmung zulässt, die der klassischen Heterosexualität eben. Der Sinn dieser Verhüllung erschließt sich, wenn in Betracht gezogen wird, dass der Fußball sich mehr und mehr als Teil des Popgeschäfts verstehen muss – und Idole, die sich mit dem Hautgout des Verschwitzten versehen, keine sein können. Beckham, bei Real Madrid unter Vertrag, ist (und war) der Trumpf, um auch Interesse beim weiblichen (oder schwulen?) Publikum zu wecken. Metrosexuell heißt also: irgendwie schwul zu wirken, aber es bekennenderweise nicht zu sein und dies auch zu zeigen. In Deutschland gibt es keinen Spieler, der ähnlich wie Beckham die Gebote des klassischen Proletkults auf dem Rasen verletzt. Entsprechend machten deutsche Spieler in der Vergangenheit nur Reklame für Produkte, die aus dem Reich des vereinsamten Singlemannes stammen könnten: Dosen- oder Tütensuppen, wie Franz Beckenbauer einst. Michael Ballack hätte am ehesten diese Rolle übernehmen können. Möglicherweise wird ihm jetzt beim FC Chelsea bedeutet, mit der Hülle seiner Männlichkeit etwas spielerischer umzugehen – schon der Werbeverträge wegen.