Alle für einen gegen Hugo Chávez

Die bislang gespaltene Opposition Venezuelas hat am Dienstag einen gemeinsamen Kandidaten gekürt, der Präsident Hugo Chávez bei den Präsidentschaftswahlen am 3. Dezember besiegen soll: Manuel Rosales, Gouverneur des Bundesstaates Zulia

VON GERHARD DILGER

Hugo Chávez hat einen Gegner. Vorgestern einigte sich die bürgerliche Opposition Venezuelas auf einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten. Am 3. Dezember wird Manuel Rosales, der Gouverneur des erdölreichen Bundesstaates Zulia, gegen Chávez antreten.

Einen Wahlboykott wie bei den Parlamentswahlen im vergangenen Dezember schloss Rosales ausdrücklich aus. „Wir werden nicht auf halbem Weg umkehren, wir gehen bis zum Ziel, bis in den Miraflores-Palast“, rief der 53-jährige Politiker auf einer gemeinsamen Veranstaltung des Oppositionsbündnisses. „Heute eröffnen wir den Pfad der Hoffnung, der nationalen Versöhnung, den Kampf für eine besseres Venezuela.“

Rosales kündigte an, er werde die von Chávez betriebene Militarisierung des Landes stoppen: „Wir werden Kampfflugzeuge gegen Krankenhäuser eintauschen, Panzer gegen Schulen und Universitäten und Raketen gegen Kindergärten.“ Die Lösung der sozialen Probleme sei die „Wirbelsäule“ seines Regierungsprogramms.

Ein Fünftel der Erdöleinnahmen wolle er „seriös“ dafür verwenden, sagte er in Anspielung auf Chávez’ umfangreiche Sozialprogramme, denen der Linksnationalist seine hohe Popularität unter den Armen vor allem verdankt. Familien der Mittel- und Unterschicht sollten direkte monatliche Zuwendungen von umgerechnet bis zu 300 Euro, Arbeitslose ein Mindesteinkommen erhalten, versprach Rosales. Chávez’ „Missionen“ im Bildungs- und Gesundheitsbereich wolle er fortsetzen, aber durch neue Managementmethoden effektiver machen.

Vorrangig sei zudem eine andere Politik der öffentlichen Sicherheit, sagte der Kandidat. Die Polizei müsse modernisiert und gestärkt werden. „In Venezuela regiert heute nicht das Volk, sondern Verbrecher, Gesindel und die Guerilla“, so Rosales. Der frühere Grundschullehrer verfügt über langjährige Verwaltungserfahrung: Von 1996 bis 2000 war er Bürgermeister der Millionenstadt Maracaibo und regiert seit 2000 den erdölreichen Bundesstaates Zulia, 2004 gelang ihm die Wiederwahl.

Unmittelbar vor Rosales’ Rede hatte sein aussichtsreichster Rivale, Julio Borges von der Rechtspartei „Primero Justicia“ (Gerechtigkeit zuerst), seine Kandidatur zurückgezogen. „Heute ist der Tag, an dem die persönlichen Ambitionen beiseite geschoben werden und wir an Venezuela denken“, sagte Borges und versicherte Manuel Rosales die volle Unterstützung seiner Partei. Damit wurden auch die für Sonntag angesetzten Vorwahlen hinfällig. „Es gibt ein Licht in diesem Tunnel, in dem die Opposition steckt“, sagte der Journalist und frühere Minister Teodoro Petkoff, der seine Kandidatur vor einer Woche zurückgezogen hatte. Mit der Einheit der Opposition werde die Wahlbeteiligung im Dezember wieder steigen, sagte Petkoff voraus. Auch andere ehemalige Kandidaten versicherten ihre Unterstützung. William Ojeda von der Partei „Un Solo Pueblo“ sagte: „Ich bin sicher, dass Venezuela ab heute eine neue Morgendämmerung erlebt. Der 9. August wird als ein historischer Tag in die Geschichte eingehen.“ Die gemeinsame Plattform der Opposition soll in den kommenden Wochen ausgearbeitet werden.

Die sozialdemokratische Traditionspartei „Acción Democrática“ (Demokratische Aktion), der Rosales bis 1995 angehört hatte, ist in der Wahlfrage gespalten. Während Generalsekretär Henry Ramos Allup zu einem Wahlboykott aufrief, sagte der Politiker Alfonso Marquino, ein Boykott nutze nur Chávez. Jüngsten Umfragen zufolge liegt Hugo Chávez mit rund 55 Prozent klar in Führung. Am Samstag will Rosales seine Kandidatur beim Nationalen Wahlrat einschreiben.

meinung und diskussion SEITE 11