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Archiv-Artikel

Krieg in Äthiopien

Regierung geht militärisch gegen Rebellen an Grenze zu Somalia vor. Äthiopischer General übergelaufen

BERLIN taz ■ Während Äthiopien immer aktiver in Somalia militärisch eingreift, wachsen im mehrheitlich von ethnischen Somalis besiedelten Osten Äthiopiens die Spannungen. Premierminister Meles Zenawi bestätigte gestern, seine Armee habe mit „Militärschlägen“ in der äthiopischen Somali-Region begonnen. Gegner sei die ONLF (Ogaden Nationale Befreiungsfront), eine von mehreren bewaffneten Rebellengruppen in Äthiopien.

Äthiopien wirft Eritrea sowie den Islamisten in Somalias Hauptstadt Mogadischu vor, äthiopische Rebellen zu unterstützen. Dies ist ein Grund, warum die äthiopische Regierung in Somalia die von den Islamisten bedrängte international anerkannte Übergangsregierung unter Präsident Abdullahi Yusuf unterstützt. Die Islamisten haben in den letzten Tagen ihr Herrschaftsgebiet ausgeweitet.

Vor Meles’ Ankündigung war bekannt geworden, dass ein hochrangiger äthiopischer General die Seiten gewechselt hat und nach Eritrea übergelaufen ist. Brigadegeneral Kemal Geltu, Kommandeur der 18. äthiopischen Armeedivision, überquerte die Grenze nach eigenen Angaben mit über einhundert Soldaten am Dienstag und erklärte gegenüber BBC, er stehe nun auf Seiten der größten äthiopischen Rebellenbewegung OLF (Oromo-Befreiungsfront): „Sie [die äthiopische Regierung] versteht die Sprache der Gewalt, und wir werden sie mit Gewalt herausfordern.“

Äthiopien und Eritrea hatten sich 1998–2000 einen blutigen Krieg um die gemeinsame Grenze geliefert. Die im Grenzgebiet stationierte UN-Blauhelmmission bestätigte den Übertritt von über 150 äthiopischen Soldaten.

Die OLF hatte sich im Mai auf einem Treffen in den Niederlanden mit weiteren Rebellengruppen und der zivilen Oppositionspartei CUD (Koalition für Einheit und Demokratie) zum Bündnis „Allianz für Freiheit und Demokratie“ (AFD) zusammengeschlossen, um einen „wahrhaft demokratischen Prozess“ in Äthiopien einzuleiten. Die CUD hatte 2005 bei Äthiopiens ersten freien Wahlen gut abgeschnitten, wird aber seitdem von der Regierung mit diversen Gerichtsverfahren überzogen.

Die Spannungen im Osten Äthiopiens haben nicht nur mit politischen Machtkämpfen zu tun. In einer neuen Studie nennt die US-Konfliktforschungsorganisation CHF International zunehmenden Wettbewerb um knapper werdendes Land als Hauptgrund der Spannungen in der somalisch besiedelten Ogaden-Wüste. Die Mehrheit der Bewohner seien Nomaden, aber durch häufige Dürren schwer getroffen und würden im äthiopischen Landrecht benachteiligt. Viele ethnische Somalis in Äthiopien fühlten sich Somalia näher als dem eigenen Land. Die Ogaden-Wüste sei hochmilitarisiert, und die Suche nach reichen Erdgasvorkommen bedrohe die lokale Bevölkerung weiter, heißt es. DOMINIC JOHNSON