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Archiv-Artikel

DOMINIC JOHNSON ZUR UNO UND DEN MASSENVERGEWALTIGUNGEN IM KONGO Fatale Vorschrift

Die UN-Mission kann im Kongo nur eingreifen, wenn die kongolesische Armee in der Nähe ist

Mit Kriegsverbrechern zu verhandeln ist nicht falsch. Gerade in der Demokratischen Republik Kongo haben die Kriege der letzten Jahrzehnte bewiesen, dass es für die unzähligen lokalen Konflikte keine dauerhafte militärische Lösung gibt. Dies gilt auch für die ruandischen Hutu-Milizen der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die im Kongo kämpfende Nachfolgeorganisation der ruandischen Völkermordtäter.

Wenn man eine politische Lösung für die FDLR im Kongo will, muss man es allerdings richtig machen. Was jetzt im Osten der Demokratischen Republik Kongo passiert ist, konnte nicht gut gehen. Die in afrikanischen Friedensprozessen sehr erfahrene italienische Kirchengemeinde Sant’ Egidio nahm Kontakte zur FDLR-Führung auf, um die Freigabe der Frauen und Kinder aus den Reihen der Miliz auszuhandeln. Die UNO im Kongo erklärte sich bereit, die Übergabe dieser bis zu 20.000 Menschen abzusichern und ihre Repatriierung nach Ruanda durchzuführen. Aber die FDLR-Führung nutzte diese Sondierungsphase, um sich militärisch massiv zu stärken. Zugleich zog Kongos Regierung ihre Militäreinheiten aus wichtigen Gebieten zurück, die daraufhin von der FDLR neu besetzt werden konnten – kollektive Massenvergewaltigungen waren die katastrophale Folge. Besser wäre es gewesen, den militärischen Druck auf die FDLR zu erhöhen. Dann wäre die Freigabe von Zivilisten vielleicht zum Abschluss gekommen.

Es geht aber am Kern des Problems vorbei, die UN-Mission im Kongo dafür zu schelten, dass sie gegen die Vergewaltigungen nicht eingriff: So etwas haben die UN-Blauhelme im Kongo schließlich noch nie getan. Der eigentliche Skandal ist die Vorschrift, wonach Blauhelme nur in Unterstützung kongolesischer Armeeeinheiten operieren dürfen. Wo diese nicht stehen, kann die UNO ihr Mandat nicht wahrnehmen, Zivilisten zu schützen. Dies muss sich ändern, wenn im Ostkongo jemals Sicherheit für die Bevölkerung entstehen soll.

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