: Schmitz-Debatte: Viel Lärm, kaum Widerhall
STEUERN Die Opposition drischt noch mal auf Wowereit ein, kann die CDU aber nicht zu sich ziehen
Der Mann, auf den alles einprasselte, blieb äußerlich ruhig. Klaus Wowereit, der Regierende Bürgermeister, redete mal mit dem Innensenator neben sich, mal machte er sich Notizen. Umso lauter war die Opposition. Für sie hat Wowereit, indem er den Steuersünder André Schmitz 2012 als Kulturstaatssekretär im Amt hielt, wahlweise keine Integrität (Piraten), das Vertrauen in die Politik beschädigt (Grüne) oder die politische Dimension der Affäre verkannt (Linkspartei).
Zweieinhalb Wochen nach Bekanntwerden von Schmitz’ Steuerdelikt hatte die Opposition die Debatte mittels Dringlichkeitsantrag auf die Tagesordnung gesetzt. Darin war von mehr Steuerprüfern die Rede und dass Hinterziehung kein Kavaliersdelikt sei – wie es auch im Wahlprogramm der SPD steht. Klares Ziel: die CDU, die in der Affäre auf Distanz zur SPD gegangen war und das Krisenmanagement der Senatskanzlei abgewatscht hatte, auf ihre Seite zu ziehen.
Rücken gestärkt
Das aber gelang nicht. Heiko Melzer, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, ging nicht über das hinaus, was er schon vor einer Woche bei einer Ausschussanhörung Wowereits an Kritik äußerte: Der Fall Schmitz sei „ein politischer Grenzfall“. Der aber sei nun nach seiner Hoffnung abgeschlossen. Melzer nahm Wowereit vielmehr in Schutz gegen Vorwürfe, er hätte dienstrechtlich gegen Schmitz vorgehen müssen: Die Opposition habe zwei Gutachten nicht widerlegen können, die Wowereit den Rücken stärkten.
„Wenn man nicht völlig abgestumpft ist, dann hat das doch nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Dimension“, hielt Linksfraktionschef Udo Wolf dagegen. Den Berlinern über Jahre Kürzungen zumuten und zugleich einen im Amt halten, der ihnen Steuern vorenthält, das gehe nicht.
Von Torsten Schneider, dem parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion, war interessanterweise nicht nur zu hören, Wowereit habe „eine vertretbare Entscheidung getroffen“. Vielmehr äußerte Schneider sich auch so, dass es als Kritik an führenden SPD-Genossen zu verstehen war: als er kritisierend „bestimmte Gremien“ erwähnte, die sich eingeschaltet hätten. Am Tag, bevor Schmitz um Entbindung von seinen Aufgaben bat, hatte SPD-Landeschef Jan Stöß eine Telefonkonferenz des engeren Landesvorstands organisiert und hatte der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel Schmitz scharf kritisiert. STEFAN ALBERTI