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Archiv-Artikel

Exklusive Minderheit

betr.: „Vertreter des Zentralrats kritisiert Israel“, taz vom 8. 8. 06

Seit Anfang des Krieges im Nahen Osten führen einige deutsche Medien ihren eigenen kleinen Kampf. Wie kommt es, dass ein interner Brief einer jüdischen Organisation, nämlich des Zentralrates der Juden in Deutschland, derart begeistert von den Medien zitiert wird? Etwa deshalb, weil er eine Gegenmeinung zu der offiziell ausgesprochenen vertritt? Warum agieren taz und Süddeutsche wie Boulevardzeitungen, wenn es um Juden geht? Warum wird immer wieder der Zentralrat der Juden belehrt, was er zu der Lage in Israel und zu den falschen Kommentaren deutscher Politiker zu sagen habe? Hat die eine oder die andere Zeitung nur ein einziges Mal Vertreter der libanesischen oder palästinensischen Vereinigungen nach ihrer kritischen Haltung gegenüber der Hisbollah oder der Hamas befragt?

Es waren Juden, die diese Zeitungen darauf aufmerksam machen mussten, dass auf den bis dato verschwiegenen Demos bundesweit antisemitische Parolen gerufen werden. Die tapferen Journalisten kamen selbst nicht darauf. Sie beschäftigten sich mit der Suche nach „guten Juden“! Immer wieder werden Politiker dafür verteidigt, dass sie Falsches behaupten. Mal werden hunderte von abgeschossenen Hisbollah-Raketen verschwiegen, um dann naiv zu fragen, wie man wegen zwei entführter Soldaten in den Krieg gehen könne (die getöteten acht Soldaten werden dabei vergessen). Mal platziert man inszenierte Fotos groß auf der ersten Seite, ohne sich dafür später zu entschuldigen. Mal wird die Zahl der zivilen Opfer vierzigmal höher angesetzt und ohne Dementi beibehalten.

Es gibt ausgewogene Berichte und objektiv argumentierende Meinungsbeiträge. Es lässt sich auch dazwischen unterscheiden, wer einseitig und wer unausgewogen schreibt. Die Art allerdings, mit welcher der Brief von Rolf Verleger dieser Tage ausgeschlachtet wird, macht uns Sorgen. Nicht der Brief – und damit die Position eines Einzelnen – wird streitbar genannt, sondern die Meinung des Zentralrates. Wird Verleger so ausgiebig zitiert, weil er eine exklusive Minderheit vertritt oder weil er die Meinung der Redaktion ausspricht?

ELVIRA NOA, GRIGORI PANTIJELEWDirektoriumsmitglieder desZentralrates der Juden in DeutschlandBremen