: Dorf produziert Biostrom im Tagebaugebiet
BRAUNKOHLE Vattenfall will das Dorf Atterwasch abbaggern. Jetzt gibt es dort ein neues Kraftwerk
2020 sollen das Dorf Atterwasch in der brandenburgischen Lausitz und mit ihm drei weitere Orte dem Braunkohletagebau weichen. So sehen es die Pläne des Energiekonzerns Vattenfall vor. Doch nun hat das Dorf ein Zeichen gesetzt, dass es eine Zukunft ohne Tagebaue will.
Bürgermeister und Landwirt Ulrich Schulz hat vor wenigen Tagen eine eigene Biogasanlage in Betrieb genommen. In drei bis vier Wochen, wenn das Kraftwerk komplett hochgefahren ist, versorgt es rechnerisch sämtliche 241 Einwohner und 26 Gewerbebetriebe des Ortes mit Strom. „Wir wollen zeigen, dass man auch anders Energie erzeugen kann als mit Braunkohle. Dass man Energie erzeugen kann, ohne die Landschaft zu zerstören“, sagt Schulz. Die Anlage mit einer Leistung von 195 Kilowatt speise sich komplett aus dem landwirtschaftlichen Betrieb. „Zur einen Hälfte sind das tierische Exkremente, zur anderen Hälfte alles mögliche, was auf dem Feld noch so wächst.“ Die Idee zu einem eigenen Kraftwerk stamme noch aus der Zeit, bevor Vattenfall seine Pläne bekannt gegeben hatte. Doch die Umsetzung sei danach erfolgt.
Atterwasch ist eines von vier Dörfern, die nach den Plänen des Energiekonzerns Vattenfall der Erweiterung der Braunkohletagebaus Jänschwalde-Nord zum Opfer fallen sollen. Rund 2.000 Menschen müssten dann umgesiedelt werden. Insgesamt wurden seit 1924 über 100 Orte in der Lausitz durch den Braunkohleabbau zerstört. Ursprünglich sollte Horno, über dessen Abbaggerung Ende der 90er Jahre entschieden wurde, das letzte Dorf sein, das dem Tagebau weichen musste. Doch 2007 erfuhren die Menschen in Atterwasch, dass auch unter ihren Dörfern Kohle abgebaut werden soll.
Wenn es nach den Plänen von Vattenfall geht, soll es im Jahr 2020 so weit sein. Zuvor muss allerdings noch die Landesregierung die Pläne genehmigen. „Atterwasch will die Abbaggerung verhindern“, sagt René Schuster von der Grünen Liga in Brandenburg. Das solle so frühzeitig wie möglich passieren. Das neue Kraftwerk sei daher auch ein Signal der Einwohner dafür, dass sie nicht weichen wollen.
Möglich ist auch, dass sich die Einwohner in Zukunft noch ein bisschen unabhängiger von den großen Energieerzeugern machen. Denn das Kraftwerk erzeugt nicht nur Strom, sondern auch Wärme. Die wird derzeit genutzt, um Ställe zu beheizen. Doch grundsätzlich, erklärt Schuster, sei es möglich, ein Nahwärmenetz aufzubauen.
„Natürlich haben wir ständig im Kopf, was Vattenfall mit uns machen will, aber ich kann doch deshalb nicht alles andere vernachlässigen“, sagt Schulz. Er hofft, dass auch andere Orte motiviert werden, eine Alternative zu der Energieversorgung durch Kohlestrom anzubieten.
SVENJA BERGT