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Archiv-Artikel

Jukebox

Die Wiedergänger des Rock-Phänomens

Mit dem Alter im Rock ist das so eine Sache. Zwar gibt es junge Fans, alternde Fans, alte Fans. Einerseits waren auch die Alten alle mal jung und die Jungen altern unaufhaltsam, ohne es zu merken. Andererseits kann, wer gerne Rock hört, seine Jugend nie ganz aufs Altenteil geschickt haben. Als beispielsweise das Phänomen Led Zeppelin 1980 in einem furiosen Feuerball verglühte (und der als „viktorianische Dampfmaschine“ bezeichnete Schlagzeuger John Bonham im Vollsuff an seinem eigenen Erbrochenen erstickte), da waren die meisten Rockfans von heute nicht einmal geboren.

Aber vielleicht hatten sich immerhin deren Eltern bereits kennen gelernt, als Led Zeppelin zehn Jahre zuvor ihr drittes Album veröffentlichten. Es trug den schlichten Titel „III“ und machte wahrscheinlich schon beim Nachhausetragen aus dem Plattenladen Spaß, weil das aufwändige Cover perforiert war und durch eine bedruckte Pappscheibe im Inneren eigenhändig verändert werden konnte.

Pipifax, klar. 1970, da hatten Jimmy Page, Robert Plant, John Paul Jones und John Bonham gerade die USA erobert, sich am Erfolg überfressen und sich deshalb in ein walisisches Landhaus ohne Strom und fließendes Wasser zurückgezogen, um dort ihre eigenen Vorstellungen von Folkrock zu realisieren – gerade so, wie sie auf den Platten zuvor ihre ebenfalls sehr eigenen, sehr testosterongesteuerten Visionen des Blues verwirklicht hatten.

Blues gab’s hier auch noch, vielleicht sogar den stolzesten von allen, „Since I’ve Been Loving You“, und scharfkantigen Proto-Heavy-Metal („Immigrant Song“), aber vor allem Science-Fiction-Folk, wie man ihn seitdem nicht mehr gehört hat, Juwelen wie „Tangerine“, „Hats Off To Roy Harper“ oder „Gallow’s Pole“, ein Traditional auf Speed.

Okay, seit einem Vierteljahrhundert gibt es diese Band nun schon nicht mehr, ihr Einfluss, früher schon enorm, ist seither ständig gewachsen, ihre Wiedergänger heißen Mando Diao, Secret Machines oder White Stripes. Am Dienstag spielen sie mal wieder in Berlin. Diesmal nennen sie sich Wolfmother und wollen uns glauben machen, sie seien blutjunge Rockfans aus Australien. Sie wissen’s nicht besser. Wir schon. ARNO FRANK