: DDT ist für Kinder gefährlicher als gedacht
Das verbotene Pestizid verzögert die Entwicklung von Geist und Körper. Forscher hoffen auf zurückhaltenden Einsatz in der Malariabekämpfung
Das in vielen Ländern auf der Verbotsliste stehende Pestizid DDT beeinträchtigt Kinder in ihrer Entwicklung. Zu diesem Ergebnis kommt eine an der University of California, Berkeley, durchgeführte Studie. Das Forscherteam unter der Leitung von Brenda Eskenazi hatte für seine Studie 360 schwangere Frauen und ihre später geborenen Kinder untersucht.
Die jetzt in den USA lebenden Frauen waren in Mexiko geboren worden, wo das extrem langlebige DDT noch bis zum Jahr 2000 als Pestizid zugelassen war. In den USA ist DDT hingegen schon seit 1972 verboten. Der in der Zeitschrift Pediatrics veröffentlichten Studie zufolge waren die Entwicklungsstörungen bei den Kindern desto stärker ausgeprägt, je größer die DDT-Belastung der Frauen war.
Das über viele Jahre in der Landwirtschaft und der Insektenbekämpfung eingesetzte Pestizid DDT gehört zu der Gruppe der chlorierten Kohlenwasserstoffe und zeichnet sich besonders durchs seine Langlebigkeit aus. Mit der Nahrung aufgenommen, reichert es sich in Leber, Nervensystem und Fettgewebe an. Durch Licht und durch Prozesse im Körper wird es abgebaut, jedoch nur sehr langsam. Wichtigstes Abbauprodukt ist DDE, das ähnliche Eigenschaften hat und sogar noch beständiger ist. Seit langem schon ist bekannt, dass das Kontakt- und Fraßgift DDT nervenschädigende Eigenschaften hat.
In vielen Ländern ist das Pestizid seit den Siebzigerjahren verboten. Nach dem Internationalen Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe, der so genannten POP-Konvention, soll DDT weltweit verboten werden. Ausnahmen etwa zur Bekämpfung von Malaria sind möglich. Staaten in den tropischen Regionen nutzten in den letzten Jahren zunehmend diese Ausnahmeregelung, um die gefürchtete Infektionskrankheit in den Griff zu bekommen.
Die in Berkeley durchgeführte Studie zeigte zum ersten Mal, dass Kinder durch die DDT-Belastungen während der Schwangerschaft und später durch die Muttermilch in ihrer Entwicklung gehemmt werden. Eskenazi und ihre Kollegen hatten dazu die Kinder 6, 12 und 24 Monate nach der Geburt auf ihre mentalen und neuromotorischen Fähigkeiten untersucht. Bei beiden Eigenschaften konnten die Wissenschaftler eine Korrelation mit der DDT-Belastung der Mutter nachweisen.
Erhöhte sich der DDT-Blutwert bei der Mutter um den Faktor 10, fiel das Testergebnis bei den Kindern im Alter von 12 und 24 Monaten auf einer Skala von 100 Punkten jeweils um 2 bis 3 Punkte schlechter aus. Die Kinder von den höchstbelasteten Frauen schnitten bei den Tests um bis zu 10 Punkte schlechter ab als die Kinder kaum belasteter Eltern. 6 Monate alte Kinder wiesen keine Auffälligkeiten auf. Ein ähnliches Ergebnis ergab die Überprüfung der körperlichen Fähigkeiten. Die gleichen Effekte, nur schwächer ausgeprägt, zeigten sich auch bei der DDE-Belastung. Die Kinder schnitten jedoch bei den Tests auch umso besser ab, je länger sie gestillt wurden.
Trotz der Ergebnisse plädiert Brenda Eskenazi nicht für ein generelles DDT-Verbot. Sie fordert aber, dass Nutzen und unerwünschte Nebenwirkungen sorgfältig abgewogen werden.
WOLFGANG LÖHR