: Auf die eigenen Flecken blicken
betr.: „Die Erinnerung liebt das Versteckspiel“, taz vom 14. 8. 06
Ihr Autor Gerrit Bartels stellt im Zusammenhang mit Grass’ Bekenntnis die richtige Frage, „wie die Bitburg-Debatte verlaufen wäre, hätte Grass sich schon damals offenbart“. Sie kann auch weiter gefasst werden:
Wer sich mit der ausschließlichen und rechthaberischen Weise der Abrechnungen mit bekannten und berühmten Mitläufern – wie Martin Heidegger – beschäftigt hat, die eigentlich bis heute andauert, fragt sich nunmehr: 1. Wie viele haben sich den kompromisslosen Demontagen bestimmter Persönlichkeiten mit brauner Vergangenheit aus einer Verdrängungsdynamik über eigene Beteiligung wie Grass hingegeben?, und 2. Wäre nicht die ganze Nachkriegsdebatte und die dogmatische Formen annehmende Vergangenheitsbewältigung anders verlaufen, wenn solche Leute wie Grass und – wie wir wissen – nicht wenige andere, statt bedingungslos anzuklagen, auf die Flecken an ihren angeblich blitzblanken weißen Westen zum gegebenen Zeitpunkt geschaut hätten. Darin liegt das Aktuelle dieses Skandals: Hat nicht diese Heuchelei die Kontroversen der Nachkriegszeit um einige wichtige Dimensionen gebracht?
DUNJA MELCIC, Frankfurt am Main