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Archiv-Artikel

Air Berlin setzt zur Aufholjagd an

Der größte deutsche Billigflieger kauft die dba. Gewerkschafter hoffen auf eine neue Unternehmenskultur

BERLIN taz ■ Nun hat sich der vor drei Monaten fast verpatzte Börsengang doch gelohnt: Gestern verkündete Air-Berlin-Vorstandschef Joachim Hunold den Kauf des Konkurrenten dba. Mit der Übernahme des zweitgrößten deutschen Billigfliegers will die Nummer eins den Anschluss an die europäischen Riesen Ryanair und Easyjet suchen. Das nötige Bargeld hatte Air Berlin im Mai an der Börse eingesammelt. Der Preis blieb gestern geheim. Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer sprach von „einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag“.

Die 720 dba-Beschäftigten und 2.700 Air-Berlin-Mitarbeiter, die die Neuigkeit zunächst aus den Medien erfuhren, konnten im Laufe des Tages aufatmen. Hunold erklärte: „Einsparungen beim Personal sind nicht vorgesehen.“ Sein Ziel sei Wachstum. Auf dem einheimischen Markt sorgt die Übernahme für Unruhe, auch wenn sich die Deutsche Lufthansa unbeeindruckt zeigte. Zu groß ist der Vorsprung des Branchenführers mit seinen 92.000 Beschäftigten, 331 Flugzeugen und 51,3 Millionen Passagieren im Jahr. Air Berlin und dba haben zusammen 87 Flugzeuge. 2007 wollen sie 20 Millionen Passagiere befördern.

Eng werden könnte es dann allerdings für die Lufthansa-Billigtochter Germanwings und vor allem für die zum TUI-Konzern gehörenden HLX und Hagagfly. Wenn das Kartellamt dem Kauf zustimmt, soll die dba als eigenständiger Bereich in Air Berlin eingegliedert werden, die jetzigen Geschäftsführer behalten ihre Jobs. Die Flugpläne könnten schon für den Winter abgestimmt werden, sagte ein Sprecher. Für den nächsten Sommer werde es dann einen gemeinsamen Flugplan geben.

Analysten begrüßten die Nachricht: Streckenmäßig ergänzen sich die Unternehmen. Zudem fliegt Air Berlin eher Privatkunden, die dba bringt vor allem Geschäftskunden mit. Und: Nach harten Konsolidierungen sind beide derzeit profitabel.

Ein Problem bei der Integration könnten allerdings die „sehr unterschiedlichen Kulturen“ sein, die auch Hunold gestern ausdrücklich erwähnte: Air Berlin gilt in Gewerkschaftskreisen als „Lidl der Lüfte“, für den „Mitbestimmung ein Fremdwort“ ist. Bei dba gibt es hingegen sowohl eine Personalvertretung als auch Tarifverträge. Hunold versprach, „beide zu erhalten“. Ver.di-Sprecher Günter Isemeyer nahm das im Gespräch mit der taz als gutes Zeichen – in der Hoffnung, dass „dann vielleicht auch die Beschäftigten bei Air Berlin sehen, dass diese dba-Kultur ganz ordentlich ist“. BEATE WILLMS