: Regierung einig über Sicherungsverwahrung
RECHTSPOLITIK Schwarz-gelbe Koalition besiegelt ihren Kompromiss. Obwohl sie eigentlich freigelassen werden müssten, bleiben bereits inhaftierte, psychisch gestörte Gewalttäter vorerst weiter in Haft
FREIBURG taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den schwarz-gelben Kompromiss zur Reform der Sicherungsverwahrung gebilligt. Dabei stimmte die CDU der von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgeschlagenen grundsätzlichen Reform der Sicherungsverwahrung zu. Im Gegenzug akzeptierte die FDP, dass manche „psychisch gestörten Gewalttäter“ hinter Schloss und Riegel bleiben müssen – obwohl sie nach einem Urteil des Straßburger Gerichtshofs für Menschenrechte eigentlich aus der Sicherungsverwahrung zu entlassen sind.
Sicherungsverwahrung bedeutet, dass gefährliche Straftäter auch nach Verbüßen ihrer Strafe noch in Haft bleiben, solange sie als gefährlich gelten. Die Justizministerin will die nachträgliche Anordnung der Verwahrung während der Haftzeit abschaffen. Sicherungsverwahrung soll dann nur noch im Strafurteil angeordnet oder vorbehalten werden. Im Juni hatte das Kabinett dieser Reform schon einmal zugestimmt. Nach Unmut in der Unions-Fraktion wurden die Eckpunkte jetzt noch einmal bekräftigt.
Der hierzu vorliegende Gesetzentwurf wurde allerdings noch nicht beschlossen, weil Leutheusser-Schnarrenberger für das Gesetz zur Therapieunterbringung psychisch gestörter Gewalttäter noch keinen ausformulierten Entwurf vorlegen konnte. Wohl aber beschloss das Kabinett die bereits letzte Woche vorgestellten Eckpunkte. Danach sollen zwei Gutachter feststellen, ob von einem zu entlassenden Verwahrten aufgrund einer psychischen Störung weiter Gefahr ausgeht.
Die Opposition kritisierte die grundlegende Reform. Das Paket sei „unausgegoren“, sagte Jerzy Montag von den Grünen. Sicherungsverwahrung werde nach der Reform zum Regelfall bei schweren Gewalttaten, warnte Wolfgang Neskovic von der Linken.
Neskovic kritisierte außerdem, dass die Koalition nicht auf die 2008 eingeführte Möglichkeit verzichten will, sogar Täter in Sicherungsverwahrung zu nehmen, die nach Jugendrecht verurteilt wurden. Dies sei ein „unerträglicher Fehler“. Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl hatte zuvor erklärt, „dass es für Jugendliche und Heranwachsende bei der bestehenden Rechtslage bleibt“. Bisher wurde diese Vorschrift aber wohl erst einmal angewandt. CHRISTIAN RATH