: Der Mieter zahlt nicht alles
Die Kosten für kleine Reparaturen in der Wohnung können dem Mieter vertraglich aufgebürdet werden. Deren Höhe ist aber begrenzt. Bei größeren Schäden ist der Vermieter in der Pflicht. Er muss die Räume in einem bewohnbaren Zustand halten
VON ANDREAS LOHSE
Die Küchentür ist nicht mehr zu bewegen. Sie hängt zudem gefährlich schief – und damit auch so langsam der Haussegen. Schon seit Wochen wird die gelernte Tischlerin Elke Heidrich von ihrem Mann gedrängt, das ausgerissene Scharnier zu reparieren und bei dieser Gelegenheit die zimmerhohe Altbaupforte hier etwas zu kitten und dort ein bisschen zu leimen. „Doch ich habe einfach keine Zeit, mich darum zu kümmern“, bedauert die Berlinerin.
Das muss sie auch nicht. Denn bei Arbeiten dieser Größenordnung ist der Vermieter in der Pflicht. Er hat dafür zu sorgen, dass eine Wohnung baulich in Ordnung ist – in „einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand“, wie es juristisch heißt. Auch wenn der Durchlauferhitzer defekt ist oder das Abwasserrohr verstopft, teilt man dies üblicherweise dem Hausbesitzer mit.
Im Mietvertrag der Heidrichs steht zwar, um „Reparaturen innerhalb der Wohnräume“ hätten sich die Bewohner selbst zu kümmern. Sollte es jedoch um diesen Passus zu ernsthaftem Streit kommen, hätte der Hauseigentümer sogar vor Gericht kaum eine Chance. Denn die gesetzliche Pflicht des Vermieters zur Instandhaltung kann er nicht auf die Bewohner abwälzen. Mit zwei Ausnahmen: Schönheitsreparaturen sowie Bagatellreparaturen in engen Grenzen. Wo aber hört die Bagatelle auf und wann beginnt die Instandhaltungspflicht des Vermieters?
Der Bundesgerichtshof legte in mehreren Urteilen das Zumutbare fest. Demzufolge dürfen auf den Mieter abwälzbare Bagatellreparaturen pro Einzelfall höchstens etwa 50 Euro kosten (im Urteil steht 100 D-Mark), was aber im Mietvertrag ausdrücklich genannt sein muss (BGH, Az. VIII ZR 38/90 und Az. VIII ZR 91/88). Die Oberlandesgerichte Hamburg und München halten auch noch Kosten von 75 Euro (150 Mark) pro Reparatur für zulässig (Az. 5 U 135/90 und Az. 29 U 6529/90).
Darüber hinaus muss im Mietvertrag eine Höchstgrenze der vom Mieter jährlich zu tragenden Kosten genannt sein. Das Oberlandesgericht Stuttgart hält Reparaturkosten von 50 Euro (100 Mark) pro Einzelfall dann für wirksam, wenn die Gesamtbelastung 150 bis 200 Euro (300 bis 400 Mark) pro Jahr nicht übersteigt und auf acht bis zehn Prozent der Jahresmiete begrenzt wird (Az. 2 U 159/87). Sind diese Summen erreicht, gehen alle weiteren Kosten – selbst die preiswerte Reparatur des Wasserhahns – zu Lasten des Vermieters.
Als dritte entscheidende Voraussetzung, unter der Vermieter Bagatellschäden auf den Mieter abwälzen können, gilt, dass sich eine solche Vereinbarung nur auf jene Teile der Mietwohnung beziehen darf, die dem Mieter selbst zugänglich, genauer: dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind. Dazu können Durchlauferhitzer oder die Einbauküche gehören, auch der Lichtschalter und Jalousien. Unangemessen benachteiligt wird der Wohnungsinhaber dann, wenn er Reparaturen für Sachen zahlen soll, die er gar nicht abnutzen kann, wie beispielsweise die Leitungen für Gas, Wasser oder Strom.
Unwirksam ist, wenn im Rahmen einer Kleinreparaturklausel beispielsweise komplette Schließanlagen oder auch Außenscheiben zu ersetzen wären – beides unterliegt nicht dem alleinigen Zugriff des Mieters. Soll der zudem für die Reinigung beispielsweise eines verstopften Hauptabwasserrohres aufkommen, könne ebenfalls nicht mehr von Kleinreparatur gesprochen werden, da die Verstopfung nicht zwingend mit der Nutzung des Rohrsystems durch den einzelnen Mieter zu tun habe – es sei denn, anderes ist nachweisbar –, meinte das Landgericht Berlin (Az. 26 O 179/92). In einem Fall hatte sich der Vermieter sogar um den Abfluss einer Badewanne zu kümmern, der sich im Lauf der Zeit mit Kalk zusetzte. „Der Mieter ist nicht verpflichtet, den im Fußboden liegenden Traps des Badewannenabflusses regelmäßig zu reinigen“, was auch gelte, wenn der Mieter kleine Instandhaltungen vertraglich übernommen habe (AG Spandau, Az. 2a C 689/97). Der Austausch einer alten Badewanne, deren Oberfläche im Lauf der Jahre rau und unansehnlich wurde, ist ebenfalls eine Aufgabe des Vermieters – für normale Abnutzung muss der Mieter nicht haften (LG Köln, Az. 11 S 47/83).
Innerhalb eines bestimmten Zeitraumes dürfen auf den Mieter jedoch nur die Kosten der Reparatur abgewälzt werden, nicht deren Durchführung. Klauseln, wonach der Mieter selbst tätig werden muss (Handwerker beauftragen oder Beseitigen der Schäden in Eigenarbeit), sind unwirksam. Gehen die Kosten zur Beseitigung eines einzelnen Schadens über die im Vertrag festgelegte Summe hinaus, muss sich der Mieter bei teureren Reparaturen nicht mit diesem Betrag beteiligen. Es handelt sich vielmehr um einen Grenzbetrag, bei dessen Überschreitung der Vermieter die Reparaturkosten insgesamt zu tragen hat, weil keine Kleinreparatur vorliegt.