ausgehen und rumstehen : Shoppinggutscheine sind das Doping für Highheel-Läuferinnen
Das war doch mal ein außergewöhnliches Wochenende! Eine bekloppte Sportart nach der anderen. Freitag hatte ich mich auf ein als Filmproduktionsfirmaparty getarntes Schützenfest am Wannsee geschmuggelt, richtig mit scharfer Munition, Sig Sauer P 226, Polymergriff, dazu Ohrschutz und Muskel-SEK-Typen, die einem das Schießen als Sport näherbringen sollten. Dafür, dass es mein erstes Mal war, traf ich gar nicht so schlecht: viermal die richtige Richtung und zweimal die Scheibe.
Zu den FavoritInnen gehörte ich damit zwar nicht, da schossen einige fragwürdige Gestalten, angeblich Drehbuchautorinnen oder Regisseure, direkt ins Bulls Eye – Stasi oder andere Gangster, vermutete ich, selbstverständlich nicht laut, man will es sich ja nicht gleich verderben mit den KollegInnen. Vielleicht hatten sie auch nur gut recherchiert beim letzten Krimi. Gleichwohl eine überflüssige Angelegenheit, dieses Schießen, und das meine ich nicht nur als orthodoxe Pazifistin, aber auch.
Samstag hatte mich die Einladung einer kleinformatigen Frauenzeitung überrascht: Ich solle zum Ku’damm kommen und 100 schönen Frauen mit mindestens 7 cm hohen Stilettos beim „100-Meter-Run“ zugucken. Ich hab versucht, irgendeine Geheimschrift zwischen den Zeilen zu finden, hab den Zettel mit Zitronensaft beträufelt. Nichts! Das war ernst gemeint.
Am Ku’damm mopsten sich tatsächlich hunderte von mode- oder spektakelinteressierten oder vielleicht auch nur dem Schuhfetischismus ergebenen TouristInnen eine Rennbahn entlang. Über Stunden wurde gewartet, bis endlich eine vor guter Laune kaum noch sprechfähige Moderatorin den Lauf eröffnete für die Sprinterinnen auf ihren Highheels. Das Rennen selbst war irgendwie eigen, manche liefen, einige staksten herum, ein paar humpelten, spektakulär war vor allem die Siegerzeit: Die gruselige Moderatorin behauptete am Ende glatt, die Schnellste sei die 100 Meter in 12 Sekunden gelaufen! Auf Highheels! Ja wer soll das denn gewesen sein: Marion Jones? Gedopt mit KdW-Shoppinggutscheinen?
Irgendwann kam heraus, dass die Strecke auf 80 Meter verkürzt wurde, weil die Spanner drum herum den hohen Hacken zu sehr auf die Pelle gerückt waren. Verwirrt fuhr ich abends in den Tabou Tiki Room und brauchte erst mal einen Drink aus einem Kokosnussbecher, um die Erlebnisse zu ordnen. Ein alter Freund setzte sich dazu, und wir lästerten über Sandclubs. Angeblich wird die Bar 25 jetzt ab und an wegen Männerüberschuss für Kerle geschlossen, schob er mir ein Gerücht hin, und ich feixte gleich noch eins drauf: Dann dauert’s ja nicht lange, bis „Ladies free plus ein Glas Sekt“ auf den Flyern steht.
April, die Tabou-Tiki-Chefin, fragte uns später, ob wir ihren wunderschönen Laden kaufen wollen, denn sie kriegt ein Kind und will nicht hinter der Theke in die Cocktails entbinden. Aber wir wiegelten ab: Wir gehen lieber in Clubs, als sie zu besitzen. Wer Interesse hat, sollte sich jedoch sofort bei ihr melden, man kriegt dort zusätzlich oft sehr schöne Tätowiermotiv-Anregungen gratis. JENNI ZYLKA