Landesminister gegen höhere Strompreise

Genehmigungsbehörden sehen die neuen Anträge der Unternehmen skeptisch. Bundestagsausschuss gefordert

Verbraucherschützer rät allen, überhöhte Stromrechnungen nicht zu zahlen

BERLIN ap/dpa/taz ■ Die von den meisten deutschen Stromkonzernen beantragten Preiserhöhungen sind auf Skepsis bei den für die Genehmigung zuständigen Ministern gestoßen. So sagte der hessische Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) gestern: „Wenn die Gewinne von Stromunternehmen hoch sind und gestiegene Beschaffungskosten durch sinkende Netzentgelte teilweise kompensiert werden, sind die Preiswünsche vieler Stromunternehmen überzogen.“ Auch andere Länder äußerten Vorbehalte.

Der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dietrich Austermann erklärte im Handelsblatt: „Preiserhöhungen sind keineswegs zu rechtfertigen. Es kann nicht sein, dass die deutschen Verbraucher europäisches Engagement der Unternehmen und damit eine Vermögensmehrung finanzieren sollen.“ Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sagte, Strompreiserhöhungen wären allein angesichts der kräftigen Gewinnsteigerungen der großen Versorger nicht zu vermitteln.

Einer Umfrage des Magazins Focus zufolge planen bislang 519 der bundesweit 876 Stromversorger, häufig Töchter der großen Konzerne, Preiserhöhungen um durchschnittlich sechs bis sieben Prozent. Sie begründen dies in der Regel mit den gestiegenen Kosten für den Stromeinkauf an der Leipziger Börse. Die Preiserhöhungen müssen allerdings bei den Kontrollbehörden der Länder beantragt werden, wo die Unternehmen Kalkulationen offenlegen müssen. 2007 läuft diese Genehmigungspflicht aus.

Nach Einschätzung des Energieexperten Uwe Leprich von der Universität Saarbrücken sind höhere Strompreise nicht erforderlich. „Der Anstieg der Kosten bei der Strombeschaffung lässt sich durchaus gegenrechnen gegen den Spielraum beim Netzentgelt.“

Die Bundesnetzagentur hatte bereits Vattenfall, EnBW und RWE verpflichtet, die Netzgebühren in der Größenordnung von 8 bis 18 Prozent zu senken. Dabei geht es um die Gebühren, die Stromversorger von Konkurrenten für die Weiterleitung von Strom verlangen. Ein Senkung der Gebühr kommt auch den regionalen Versorgern zugute.

Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher rief unterdessen die Verbraucher auf, die Zahlung überhöhter Stromrechnungen zu verweigern. Es sei nicht „nachzuvollziehen, warum die vier großen Stromlieferanten trotz steigender Gewinne die Strompreise immer weiter erhöhen“, sagte Peters. SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer sprach sich für einen Bundestags-Untersuchungsausschuss aus, der „die dubiosen Kalkulationsmethoden“ der Energiekonzerne offen legen müsse. STEP