„Bei allen was mit ‚Julia‘“

Vier grüne Bundestagsabgeordnete gucken 24 Stunden lang fern. Freiwillig

Wer glaubt, dass grüne PolitikerInnen beim Fernsehselbstversuch in erster Linie Tierfilmchen auf Kanälen wie Terranova gucken, liegt natürlich falsch: Beim Blitzbesuch des bis heute Morgen, 6.30 Uhr, laufenden Selbstversuchs der vier Bundestagsabgeordneten Grietje Bettin, Fritz Kuhn, Anna Lührmann und Wolfgang Wieland wird gerade zwischen der „Rainer Sass Kochshow“ (NDR) und dem Bayern-Dritten gezappt.

Der Selbstversuch soll dazu dienen, nachzuschauen, wie viel Vielfalt oder Einfalt im deutschen Fernsehen herrscht, so die Grünen. 40 Prozent des gemeinsamen TV-Programms haben sie vorher festgelegt. Doch auch beim spontanen Zappen wird manches mitgebrachte Klischee bestätigt: PolitikerInnen haben kaum Zeit zum Fernsehen, schon gar nicht als Privatmenschen: Zapp zu „Desperate Housewifes“ – „Noch nie gesehen“, raunt es auf den cremefarbenen Sofas. Und Wolfgang Wieland (innere Sicherheit) stellt immerhin begeistert beim Channel-Hopping zwischen Viva und MTV fest: „Es gibt ja noch immer Videoclips.“ Bald vermutlich auch noch bei einem Bahn-TV der ganz besonderen Art, aber der Terror ist heute nicht Thema, auch nicht bei Sat.1-„Britt deckt auf“. Da geht’s um „Heimliche Bettgeschichten“, und irgendwie ist die Aufmerksamkeit bei allen vier „Ich glotz TV“-ProbandInnen gleich viel größer als beim vorhergehenden Herumschalten im großen, weiten Reich von Premiere.

Man wolle hier schließlich nicht elitäre Programmansprüche verfolgen, sagt Fritz Kuhn, der auch auf dem Sofa den Fraktionsvorsitzenden gibt. Und deswegen ist Kuhn für die „Drei Musiktiere“ auf SuperRTL als Abendprogramm. Trotzdem dränge sich ihm schon nach den ersten Stunden des Selbstversuchs die Erkenntnis auf, dass es in Deutschland eigentlich nicht die über 40 frei empfangbaren Kanäle gäbe, sondern gefühlt eher so „sechs bis sieben Programme“. Wobei der Unterschied zwischen öffentlich-rechtlich und privat auch nicht übermäßig trennscharf zu sein scheint: Die medienpolitische Fraktionssprecherin Grietje Bettin kann sich nur noch an „irgendwie bei allen was mit ‚Julia‘“ erinnern. STG