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Archiv-Artikel

Noch mehr Wahlchaos in Mexiko

Auch bei den Gouverneurswahlen in Chiapas sorgt ein knappes Ergebnis für Betrugsvorwürfe - diesmal von rechts

MEXIKO-STADT taz ■ Die durch die mexikanischen Präsidentschaftswahlen hervorgerufene Krise weitet sich auf den Süden des Landes aus. Auch bei den Gouverneurswahlen im Bundesstaat Chiapas vom vergangenen Sonntag erklärten sich beide Kandidaten als Sieger. Nach Auszählung von etwa 95 Prozent der Stimmen siegte der Kandidat der links gemäßigten Partei der Demokratischen Revolution (PRD) Juan Sabines mit einem knappen Vorsprung von 0,2 Prozent, also etwa 2.400 Stimmen, über seinen Konkurrenten José Antonio Aguilar Bodegas von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI). Der kündigte an, das Ergebnis vor Gericht anzufechten. In Mexiko-Stadt kämpft indes der PRD- Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel López Obrador weiterhin für eine landesweite Neuauszählungen der Stimmen. Auch er ist sich sicher, dass er bei den Wahlen ums höchste Staatsamt am 2. Juli durch einen Betrug um seinen Sieg gebracht wurde. Seine Anhänger legen deshalb seit drei Wochen das Zentrum der Hauptstadt lahm.

Im Gegensatz zu López Obrador werde er nicht zu Widerstandsaktionen aufrufen, erklärte Aguilar Bodegas in Chiapas. Der PRI-Politiker sprach von „mindestens 50.000 Unregelmäßigkeiten“, die man im Rahmen der Wahlen festgestellt habe. So habe seine Partei etwa festgestellt, dass in den Urnen eines Bezirks nur Stimmzettel für den PRD-Mann Sabines gewesen seien. Er sei um 5.000 Stimmen betrogen worden, erklärte Aguilar Bodegas.

Sabines ging indes vorsichtig auf Distanz zu seinen Parteifreunden in der Hauptstadt. „Chiapas verdient ein Klima der Einheit und der Versöhnung, es taugt nicht für Mobilisierungen“, erklärte der PRD-Politiker, der früher selbst in der ehemaligen Staatspartei PRI war. Ob er tatsächlich gewonnen hat, wird sich erst noch herausstellen. Bis heute sollte die Auszählung abgeschlossen sein.

López Obrador fühlte sich durch das Ergebnis im Süden bestätigt. Die Menschen in Chiapas hätten gezeigt, dass man „diesen Rechten diesen Reaktionären, dieser Bande von Gaunern“ entgegentreten könne. Wenn es nötig sei, werde man sich aber in Chiapas gerne einer kompletten Neusauszählung „Stimme für Stimme, Wahllokal für Wahllokal“ stellen, wie man dies im Rahmen der Präsidentschaftswahl fordere. Denn „wer sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, muss nichts fürchten“.

Allerdings sprechen Mitglieder aus den chiapanekischen Gemeinden immer wieder davon, dass PRD-Aktivisten versucht hatten, vorab durch Geschenke Stimmen zu sammeln. In dem Bundesstaat, in dem das indigene Zapatistische Befreiungsheer EZLN einige Regionen politisch kontrolliert, haben sich etwa 55 Prozent der Wähler enthalten. Die EZLN hatte vorab sämtlichen Parteien eine klare Absage erteilt. WOLF-DIETER VOGEL