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Archiv-Artikel

Streikverbot für Lehrer wankt

RECHT Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass Beamte ohne hoheitliche Tätigkeit streiken können

FREIBURG taz | Beamtete Lehrer sollen bald das Streikrecht bekommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, den Status der Lehrer so zu verändern, dass sie künftig streiken können. Ein Verwaltungsgericht könne das bestehende Streikverbot für Beamte aber nicht selbst aufheben.

Konkret ging es um eine Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen, die 2009 während der Unterrichtszeit an einem Warnstreik der Gewerkschaft GEW teilnahm. Gegen die Frau wurde eine Geldbuße von 1.500 Euro verhängt.

Dagegen klagte die Frau und berief sich auf neue Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg. Danach dürfe das Streikrecht nur für Beamte ausgeschlossen werden, die hoheitliche Tätigkeiten wahrnehmen. Gemeint sind damit zum Beispiel Polizisten oder Strafvollzugsbeamte.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab der Frau zunächst recht und erklärte die Geldbuße für unzulässig. Doch das Oberverwaltungsgericht Münster pochte darauf, dass in Deutschland ein Streikverbot für alle Beamten gelte, unabhängig von ihrer Tätigkeit. Besoldung und Arbeitsbedingungen der Beamten würden per Gesetz festgelegt. Es gebe daher keine Tarifauseinandersetzungen, die ein Streikrecht erfordern.

In der Revision sah sich nun auch das Bundesverwaltungsgericht an das geltende Streikverbot gebunden. Allerdings sieht es auch den Konflikt zur Europäischen Menschenrechtskonvention, die nichthoheitlichen Beamten ein Streikrecht gewährt. Diesen Konflikt müssten nun die Gesetzgeber in Bund und Ländern auflösen und die jeweiligen Beamtengesetze ändern.

Möglich sei zum Beispiel, dass für nichthoheitliche Beamte künftig die Besoldung nicht mehr einseitig per Gesetz, sondern nach Verhandlungen mit den Beamtenverbänden festgelegt werden.

Bis auf weiteres gelte aber das Streikverbot. Die Geldbuße für die Lehrerin wurde vom Bundesverwaltungsgericht aber immerhin auf 300 Euro reduziert. (Az.: 2 C 1.13) CHRISTIAN RATH