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Archiv-Artikel

Der Sonne hinterher

Prozess gegen ehemalige Verwaltungschefin des Waldau-Theaters vorerst geplatzt: Angeklagte setzte sich nach Spanien ab. Neues Waldau-Theater kommt derweil subventionsfrei auf die Füße

Von Christian Jakob

Thomas Blaeschke hat Großes vor. „Völlig neu aufstellen“ will der neue Geschäftsführer des Waldau-Theaters seine Bühne. Blaeschke übernahm Anfang des Jahres das durch zwei Insolvenzen, davon eine wegen Untreue, krisengeschüttelte Theater in Walle. Im September startet die erste reguläre Spielzeit. Keine leichte Aufgabe, da das Haus nach den skandalträchtigen Betrugs-Fällen der Vergangenheit keine Subventionen bekommt.

Trotzdem hätte der erste Akt der juristischen Aufarbeitung der Waldau-Pleite aus dem Jahr 2004 beinahe vor leeren Rängen begonnen. Im Untreue-Prozess gegen Petra D., die ehemalige Verwaltungs-Chefin des Waldau-Theaters, zog es das Gericht jedoch vor, den Termin kurzfristig abzusagen. Denn D. sei „überraschend nach Spanien übergesiedelt“, so der Vorsitzende Richter.

Bis Juni 2004 war D. Verwaltungschefin des nach jahrelanger Misswirtschaft unter Zwangsverwaltung stehenden Waldau-Theaters. Dem Bankrott entsprechend gering war D.s finanzieller Handlungsspielraum: Barausgaben bis zu lediglich 20 Euro durfte D. für Betriebskosten tätigen. Jede höhere Summe musste sie sich vom Insolvenzverwalter genehmigen lassen.

An ihrem letzten Arbeitstag verstieß sie gegen diese Vorschrift und zahlte einem Mitarbeiter sein Monatsgehalt – 998 Euro – in bar aus der Theaterkasse und früher als vorgesehen aus. Vermerkt wurde diese Ausgabe nirgends, auch die für die Gehaltsüberweisungen zuständige Kollegin D.s erfuhr nach eigenen Angaben nichts von der Transaktion. Daher bekam der Theater-Angestellte sein Salär kurz darauf noch einmal überwiesen. Diese Zahlung leitete D. nach Ansicht der Staatsanwaltschaft auf ihr eigenes Konto um. Ob sie das Geld für sich behielt oder mit dem Angestellten gemeinsame Sache machte ist unklar. Der Schwindel flog auf und D. handelte sich eine Anklage wegen Untreue ein.

Trotz des Griffs in die Kasse hing offenbar D.s Herz an dem Pleite-Theater. Kurz nach dem Rauswurf durch Insolvenzverwalter Stürmann bewarb sich D. nämlich bei den neuen Theater-Besitzern – wieder für eine Stelle in der Theater-Verwaltung. Diese lehnten jedoch dankend ab. D. nahm ihnen dies aber nicht übel und unterstützte das neue Ensemble mit Ratschlägen. Nach vorübergehenden Anstellungen bei Theatern in Ostdeutschland zog D. schließlich nach Spanien – laut Blaeschke bereits im Herbst 2005. Zum Amtsgericht Bremen drang dies jedoch erst vor gut zwei Wochen durch. Der für gestern anberaumte Prozesstermin wurde kurzfristig wieder abgesagt – die Ladungsfrist nach Spanien hätte nicht eingehalten werden können. Nach Angaben des Gerichtes wurde ein neuer Verhandlungstermin für November festgelegt.

Nicht weniger als 30 Veranstaltungen stehen nun für die Zeit von September bis Dezember des Jahres auf dem Waldau-Spielplan. Ein vorrangig niederdeutsches Programm wie einst, sagt Blaeschke, sei nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen sollen Aufführungen der ebenfalls im Waldau-Theater angesiedelten Musical-Schule EMAC Besucher locken. Ein Mix aus Musicals, einigen plattdeutschen Stücken und Gastspiele soll den Fortbestand sichern.