Fair vom Feld bis zur Fabrik

SIEGEL „Naturland Fair“ garantiert: Alle Beteiligten arbeiten unter anständigen Bedingungen, und das Produkt erfüllt einen hohen Biostandard

Die Hersteller müssen mit Lieferanten und mit eigenen Mitarbeitern fair umgehen

Wer psychisch krank ist, kann oft nur ein paar Stunden am Tag arbeiten. Und wenn es diesen Menschen mal wieder ganz schlecht geht, erscheinen sie gar nicht in der Firma. Bei den meisten Arbeitgebern haben sie deshalb keine Chance. Anders ist das beim Fairhandelshaus dwp in Ravensburg, wo seit Langem 50 psychisch Kranke für die Verpackung der Ware zuständig sind. „Wir wollen auch im eigenen Land Verantwortung übernehmen“, begründet Martin Lang die Zusammenarbeit mit der Bruderhausdiakonie. Auch bei Zutaten, die in Deutschland hergestellt werden, versucht dwp, „Nachhaltigkeit“ konkret zu machen. So besteht der Apfel-Mango-Saft nicht nur aus Biofruchtpüree, das philippinische Kleinbauern für einen fairen Preis hergestellt haben. Die deutschen Äpfel sind auf ökologisch wertvollen Streuobstwiesen gewachsen, die 40 Initiativen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) pflegen.

dwp gehört zu den ersten drei Unternehmen in Deutschland, die sich mit einem neuen Siegel schmücken dürfen: „Naturland Fair“. Das grüne Logo aus drei stilisierten Blätter signalisiert den Kunden nicht nur, dass der Inhalt die hohen Biostandards des Verbands für ökologischen Landbau erfüllt. Zudem können Käufer sicher sein, dass der Hersteller sowohl mit Lieferanten aus der Dritten Welt als auch mit eigenen Mitarbeitern fair umgeht.

Die Idee für die Zusammenführung von bio und fair in einem Siegel ist schon ein paar Jahre alt, berichtet Carsten Veller von Naturland. Dessen Verband zertifiziert die Produkte von weltweit 55.000 Biobauern. Viele, die in Drittweltländern leben, liefern zumindest einen Teil ihrer Ernte auch an den fairen Handel – und müssen dafür bisher eine weitere Überprüfung über sich ergehen lassen. Hinzu kommt, dass es in den Abnehmermärkten USA und EU bei einigen Produkten auch noch unterschiedliche Anforderungen gibt, sodass viele Hersteller mehrfach im Jahr Kontrolleure auf dem Hof haben. „Die Erzeuger drohen von den unterschiedlichen Anforderungen erdrückt zu werden“, so Carsten Veller.

Das „Naturland-fair-Siegel“ soll den Kleinbauern nun Kosten und Mühen ersparen: Bei einem Besuch wird alles auf einmal untersucht. Zugleich signalisiert der Button der Kundschaft, dass die Ware auf der ganzen Lieferkette „fair und bio“ ist: Die Mitarbeiter in den Verarbeitungsbetrieben verdienen Tariflöhne, das Unternehmen engagiert sich auch in Deutschland sozial und bezieht die hier wachsenden Zutaten aus der eigenen Region.

Neben dwp darf auch der Verein BanaFair, der seit 1986 Bananen von Kleinproduzenten aus Lateinamerika importiert, das Naturland-Fair-Siegel verwenden. Als dritte Firma wurden die Milchwerke Berchtesgadener Land ausgezeichnet. Die Molkerei ist eine Genossenschaft von heute über 1.800 Milchbauern aus der Alpenregion – knapp ein Viertel von ihnen liefert Demeter- oder Naturlandware.

Anders als viele andere Verarbeitungsbetriebe zahlt die Meierei in Piding den Bauern einen existenzsichernden Abnahmepreis. Der liegt etwa 20 Prozent über dem deutschen Marktdurchschnitt, der gegenwärtig von den Discountern bestimmt wird und in den vergangenen Jahren viele Milchbauern zum Aufgeben gezwungen hat.

Alle Mitglieder der Milchwerke Berchtesgadener Land haben sich verpflichtet, gentechnikfrei zu füttern. Auch die Arbeitsbedingungen der 320 dort Beschäftigten sind anständig, was nicht nur die geringe Fluktuation, sondern seit Neuestem auch das Naturland-Fair-Siegel bestätigt. „Ob man fair ist, kann man sich ja nicht selbst bestätigen“, begründet der für den Naturkostbereich zuständige Florian Zielinski, warum sein Unternehmen sich zertifizieren ließ. Mehr als zehn weitere Firmen haben bereits Interesse am neuen Siegel signalisiert. ANNETTE JENSEN