: „Dann ist der Patient nur Mittel zum Zweck“
Bernd Tenbensel von Ver.di NRW fürchtet um die Qualität der Patientenversorgung durch Privatisierungen
taz: Das Wissenschaftsministerium lässt die Unikliniken auf Effizienz prüfen. Was erwarten Sie?
Bernd Tenbensel: Wir befürchten, dass dieses Gutachten die Privatisierung der Universitätskliniken vorbereitet, weil unser Minister Pinkwart ihr positiv gegenübersteht. Wir lehnen Privatisierungen ab, denn dann wird alles der Rendite untergeordnet. Der Patient ist dann nur noch das Mittel zum Zweck und der Zweck ist die Kapitalvermehrung.
Pinkwart sagt, er will die Unikliniken wettbewerbsfähiger machen.
Auf der Ebene der Forschung und Lehre sollten die Kliniken wettbewerbsfähig sein. Sie sollen auch kostengünstig arbeiten, aber das Ziel sollte eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sein und nicht, die Kosten um jeden Preis zu senken.
Neben Privatisierungen sind auch Fusionen oder Holding-Strukturen im Gespräch. Halten sie diese Modelle für sinnvoll?
Fusionen lehne ich nicht grundsätzlich ab, da kann man drüber reden. Holdings-Strukturen richten sich mehr nach ökonomischen Zielen als nach dem Wohl der Patienten. Es geht der Landesregierung darum, unter Kostengesichtspunkten zu gestalten, um Ökonomisierung der Hochschulmedizin. Pinkwart geht das Problem leider mit einem ökonomischen Denken an und kommt mit Kooperationsmodellen aus dem Geschäftsleben. Da steckt kein fachliches Konzept hinter.
Was für Möglichkeiten sehen Sie, die Wirtschaftlichkeit der Kliniken zu verbessern?
Nehmen wir das Chefarztsystem, das absolut kontraproduktiv ist, um ein Unternehmen effizient zu führen. Das muss überwunden werden und es ist auch möglich. Die Chefärzte wirtschaften in die eigene Tasche: Sie haben das Recht Privatpatienten zu behandeln, wovon sie einen überwiegenden Teil des Geldes einsacken, und dazu kriegen sie noch ihr Gehalt vom Krankenhaus. Statt das Gesamtwohl ins Auge zu fassen, haben sie häufig nur das eigene Wohl im Sinn. Strukturänderungen passen den Chefärzten deshalb oft nicht. Es gibt daneben die Möglichkeit die integrierte Versorgung auszubauen.
Wie hat man sich das vorzustellen?
Gemeint ist damit eine stärkere Kooperation im Gesundheitswesen – denn daran krankt es. Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte könnten zum Beispiel verstärkt zusammenarbeiten, um doppelte Untersuchungen zu vermeiden. INTERVIEW: N. EL MOUSSAOUI