DIE BOMBENATTENTATE VERSCHÄRFEN DAS KLIMA IN DER TÜRKEI : Der Terror fördert den Kurdenhass
Die Bombenanschläge in Marmaris und Istanbul dienen nur einem Zweck: Man soll in der Türkei wieder Angst haben, auf die Straße zu gehen. Der Tourismus soll empfindlich getroffen, der Staat herausgefordert werden. Aber von wem?
Die Bombenanschläge gehen wohl auf die Rechnung der kurdischen PKK. Sie will zeigen, dass sie noch da ist und in der Lage, dem türkischen Staat Probleme zu machen. Der Staat braucht aber gar keinen Anlass mehr, hart gegen die Kurden durchzugreifen. Allein in diesem Jahr sind hunderte von Soldaten im Kampf gegen die PKK gefallen. Gerade greift die türkische Armee zusammen mit dem iranischen Militär PKK-Stellungen im Nordirak an. Im Südosten des Landes ist eine ganze Armee stationiert; in Diyarbakir herrscht fast der Ausnahmezustand. Nichts Neues also in der Türkei?
Was sich verändert hat, ist das Klima auf den Straßen. Die ständigen Anschläge der PKK, die Zusammenarbeit der Kurden mit den Besatzungsmächten im Irak, die täglichen Bestattungszeremonien für tote Soldaten, die alle Wehrdienstleistende sind, nähren den Nationalismus und Kurdenhass. Dazu kommt das wachsende Misstrauen zwischen den kurdischen Führungspersönlichkeiten und den türkischen Intellektuellen. Die Linken und Liberalen in der Türkei haben nach Jahren des Kampfes für kurdische Minderheitenrechte keine Lust mehr auf die Gewalt der PKK. Die legalen Kurdenvertreter sollen sich davon distanzieren, aber das können und wollen sie nicht. Der „nationale Befreiungskrieg der Kurden“ sei ohne Gewalt nicht zu gewinnen, heißt es.
Auch die Zusammenarbeit der Kurden mit den USA und mit Israel stößt vielen türkischen Linken säuerlich auf. Damit wird die gemeinsame Basis zwischen den friedlichen Kräften auf beiden Seiten täglich dünner: Und das in einer Zeit, in der der neue Generalstabschef besondere Härte verspricht und die Öffentlichkeit, einschließlich der „moderaten Islamisten“ der Erdogan-Regierung, damit voll hinter sich weiß. So fügen sich alle Teile wieder einmal perfekt zu einem Puzzle der Gewalt zusammen. DILEK ZAPTCIOGLU