„Lotto hat geringes Suchtpotenzial“

Bürger können bequemer, billiger und vielfältiger tippen, doch das Kartellamt sieht darin kein Problem

FREIBURG taz ■ Lotto bleibt auch nach der Entscheidung des Bundeskartellamts ein staatliches Angebot. Es geht derzeit also nicht um eine Privatisierung der Lotto-Ziehung. Diese soll staatlich bleiben. Hier ist der Unterschied zur Debatte um die Sportwetten, wo private Anbieter versuchen, das Monopol der staatlichen Sportwette Oddset zu brechen.

Dennoch wird sich der Lotto-Markt verändern, wenn sich das Bundeskartellamt mit seinen Vorstellungen durchsetzt.

Für die Kunden wird Lottospielen bequemer, billiger und vielfältiger. Künftig können ausgefüllte Lotto-Scheine an Supermarktkassen und Tankstellen abgegeben werden, der Gang zur Lotto-Annahmestelle entfällt. Der Kunde kann auch dort spielen, wo die niedrigsten Gebühren verlangt werden, auch (über das Internet) im anderen Bundesland. Dabei handelt es sich für den einzelnen Kunden zwar nur um Cent-Beträge, bei 20 Millionen regelmäßigen Spielern kommen pro Jahr aber immerhin Bearbeitungsgebühren von 307 Millionen Euro zusammen. Auch die Auswahl an Lotterie-Angeboten wird größer, weil die regionalen Gesellschaften ihre Angebote künftig bundesweit anbieten und auch neue Lotterie-Angebote erfinden können.

Die Allgemeinheit soll wie bisher von der Spiellust der Deutschen profitieren. Da die eigentliche Lotterie staatlich bleibt, gehen weiter etwa 25 Prozent Zweckerträge an kulturelle, sportliche und soziale Einrichtungen. Außerdem fließen noch knapp 17 Prozent Lotteriesteuer an den Staat. Maximal 50 Prozent der Spieleinnahmen werden als Gewinne an die Spieler ausgeschüttet. Da die neuen Vertriebskanäle vermutlich mehr Kunden zum Lotto verführen, dürften die gemeinnützigen Einnahmen eher wachsen. Die Provisionen der neuen gewerblichen Lotto-Vermittler werden vor allem vom Gewinn der Lotto-Gesellschaften bezahlt.

Wenn mehr Lotto angeboten und gespielt wird, wachsen auch die Suchtgefahren. Davor warnen die staatlichen Lotto-Gesellschaften und verweisen auf das Sportwetten-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ein Staatsmonopol allein wegen der Suchtprävention akzeptierte. Das Bundeskartellamt sieht beim Lotto-Spiel aber nur ein „sehr geringes“ Suchtpotenzial. Und für die Bekämpfung von Auswüchsen seien nach wie vor die staatlichen Aufsichtsbehörden zuständig. Die Lotto-Gesellschaften selbst hätten keine hoheitlichen Aufgaben, sondern seien ganz normale kommerzielle Unternehmen. CHRISTIAN RATH