Festnahmen nach Anschlagsserie

Nach den Attentaten in mehreren türkischen Städten nimmt die Polizei zwei Verdächtige in Antalya und Izmir fest. PKK-nahe „Freiheitsfalken“ bekennen sich zu Anschlägen

BERLIN taz ■ Einen Tag nach der Anschlagsserie in der Türkei hat die Polizei gestern einen ersten Verdächtigen in Antalya festgenommen. Zudem gibt es konkrete Hinweise zu zwei Männern. Diese sollen die Bombe in Antalya gelegt haben, die am Montagnachmittag drei Menschen tötete. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu weiter meldete, nahm die Polizei am Montagabend einen Mann in Izmir fest, der mit fünf Komplizen ebenfalls einen Anschlag geplant haben soll. In der Wohnung des mutmaßlichen PKK-Anhängers, der aus dem Nordirak eingereist sein soll, habe man, so ein Polizeisprecher, genügend Sprengstoff für ein weiteres Attentat gefunden.

Trotz vier Toter und rund 50 Verletzter spielen Regierung und Medien die Anschläge herunter. So widmet die größte Tageszeitung Hürriyet ihre Schlagzeile einem Verkehrsunfall, und in den Politsendungen der TV-Anstalten dominiert die Debatte über eine Entsendung türkischer Soldaten in den Libanon.

Doch all diesen Verdrängungsversuchen zum Trotz dürften die PKK und ihre Unterorganisation TAK, die „Freiheitsfalken“, die sich jetzt auch zu dem Bombenterror in Antalya bekannt haben, ihr unmittelbares Ziel erreicht haben: Die Tourismussaison an der türkischen Mittelmeerküste ist wohl für dieses Jahr gelaufen. Die großen deutschen Tourismuskonzerne bieten ihren Kunden kostenlose Umbuchungen an, falls sie in den kommenden Wochen in die Türkei fahren wollen. Nachdem der wichtigste türkische Devisenbringer durch Vogelgrippe und Mohammed-Karikaturen-Streit 2006 sowieso schon geschwächelt hatte, ist die Saison nun auch vorzeitig zu Ende. Milliardenverluste sind die Folge.

Noch schlimmer werden aber die politischen Folgen des PKK-Bombenterrors sein. Der neue Generalstabschef Yasar Büyükanit scheint entschlossen, wieder stärker als bisher militärisch auf die PKK zu reagieren. Bereits jetzt hat die Armee große Kontingente an der Grenze zum Irak zusammengezogen und wartet nur auf den Befehl, die Grenze zu überschreiten, um die PKK im Nordirak anzugreifen. Die iranische Armee hat bereits mit schwerem Artilleriebeschuss der Kandil-Berge im Nordirak begonnen, weil sich dort auch eine kleine militante iranisch-kurdische Gruppe versteckt hat.

Unmittelbare Folge der Attentate wird nun wohl eine Remilitarisierung des gesamten kurdisch besiedelten Südostens der Türkei sein. Angesichts der Anschläge und permanenter Angriffe der PKK auf Soldaten und Polizisten wird der neue Generalstabschef von Premier Erdogan wohl die Erlaubnis bekommen, im kurdischen Südosten einen De-facto-Ausnahmezustand zu verhängen, um wirksamer gegen die PKK vorgehen zu können. Hauptleidtragende dieser Entwicklung sind die kurdischen Zivilisten, für die der demokratische Frühling erst einmal wieder vorbei ist. JÜRGEN GOTTSCHLICH