: Strahlendes Mineralwasser aus Mönchengladbach
Das Mönchengladbacher Mineralwasser mit Eignung für Babynahrung hat einen zu hohen Strahlenwert. Ob die Werte auch für Erwachsene gesundheitsschädigend sind, bleibt allerdings umstritten. Das Verbraucherschutzministerium fordert eine ordnungsgemäße Kennzeichnung
Das Mineralwasser „Tip Herrather Jungbrunnen“ aus Mönchengladbach ist radioaktiv belastet. Dies stellte das Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Stadt vor einigen Tagen fest. Dennoch, so erklärt die Stadt, sei das Wasser nicht gesundheitsgefährdend. Das Wasser war mit dem Etikett „geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“ versehen und durfte deshalb eine festgelegte Strahlungsgrenze für Babynahrung nicht überschreiten. Doch wozu überhaupt die Begrenzung, wenn es doch keine Gefährdung gibt? „Fakt ist, dass der Gesetzgeber diesen Grenzwert festgelegt hat und er muss auch eingehalten werden“, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten.
Ursula Tenberge-Weber, bei der Verbraucherzentrale NRW für Ernährung zuständig, ist hinsichtlich des Risikos von radioaktivem Wasser anderer Meinung: „Überhöhte radioaktive Werte sind problematisch, weil es möglich ist, dass Zellen beschädigt und verändert werden können.“ Deshalb seien die Grenzwerte strikt einzuhalten; andernfalls dürfe die Kennzeichnung – Eignung für Babynahrung – nicht verwendet werden. Falsch gekennzeichnete Lebensmittel dürften nicht in den Handel. „Gerade bei Säuglingen, die noch im Wachstum sind, ist es besonders schlimm, wenn die Zellen beeinflusst werden“, so Tenberge-Weber weiter.
Wie kommt es überhaupt zu der überhöhten Radioaktivität im Mineralwasser? Dirk Daiber, Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz: „Die Radioaktivität kommt aus Gesteinsformationen, in denen Radionuklide enthalten sind.“ Diese Nuklide würden ins Wasser hineingewaschen und lösten sich darin auf. „Das ist natürliche Radioaktivität.“ Wie stark sie ist, variiere von Ort zu Ort, dagegen könne man nichts machen. Höhere Radioaktivitätswerte treten dem Amt zufolge oftmals in Wasser aus granitisch geprägten Gebieten auf, weil im Granit Uranspuren enthalte seien, zum Beispiel im Erzgebirge, Schwarzwald oder im Bayerischen Wald. Wie groß die radioaktive Strahlung speziell in NRW ist, konnte der Sprecher nicht sagen.
Der BUND bezeichnet die falsche Kennzeichnung des Mineralwassers als „unglaublich“: „Wenn man schon Mineralwasser als besonders geeignet für Babynahrung kennzeichnet, hat man auch eine besondere Fürsorge zu tragen“, findet Sebastian Schönauer vom Arbeitskreis Wasser im BUND. „Es wird beim Verbraucher fälschlicherweise der Eindruck erweckt: Wir passen auf, dass Ihrem Baby nichts passiert. Dieses Wasser ist besonders gesund, geprüft, geschützt. Aber das ist es eben nicht.“
Für die Stadt ist die erhöhte Radioaktivität dagegen nur ein „Kennzeichnungsproblem“. Die Lebensmittelbehörde hatte festgestellt, dass das Mineralwasser den zulässigen Strahlungswert um fast ein Drittel übersteigt. „Das Ergebnis überschritt die in der Mineral- und Tafelwasserverordnung festgelegte Höchstkonzentration der Radionuklide Radium 226 und 228“, sagt Stadtsprecher Dirk Rütten. Der Grenzwert gelte ausschließlich für Mineralwasser, das für die Zubereitung von Säuglingsnahrung empfohlen wird. „Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass von dem Mineralwasser keine gesundheitliche Gefahr für die Bevölkerung ausgeht“, betont der Sprecher, „auch nicht für Säuglinge.“ Radium sei ein natürlicher Bestandteil des Wassers. Es handele sich lediglich um ein Kennzeichnungsproblem, so der Sprecher. Gleichwohl habe die Stadt der Hersteller-Firma, Krings Fruchtsaft, schriftlich mitgeteilt, dass sie weitere Kennzeichnung des Mineralwassers als für Säuglingsnahrung geeignet, untersagen werde, „wenn die Firma die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte nicht unverzüglich sicher stellen kann.“
Die Hersteller-Firma Krings verwies darauf, dass sie regelmäßig Wasserkontrollen vornehme und „in allen Untersuchungen lagen die Werte für Radium unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert“. Nur bei der Untersuchung durch die Stadt habe es eine Abweichung gegeben. Jetzt will das Unternehmen Anfang September einen Filter einbauen, um zu garantieren, dass der zulässige Grenzwert für Radium eingehalten wird. Bis dahin ruhe die Mineralwasserproduktion.
Real- und Extramärkte, in denen das Mineralwasser bislang verkauft wurde, haben die Marke „Tip Herrather Jungbrunnen“ vorsorglich aus dem Verkauf genommen. „Nach Erfüllung der Qualitätskriterien wird entschieden, ob das Mineralwasser wieder in den Verkauf genommen wird“, erklärt Real-Sprecherin Sonja Öhlckers. „Besorgte Kunden können das Mineralwasser selbstverständlich zurückbringen und erhalten den Kaufpreis zurück.“ NAIMA EL MOUSSAOUI