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Archiv-Artikel

„RAG wird sicher nicht Volksaktie werden“

Broker Florian Weber gibt der Ex-Ruhrkohle den Rat, die geplante RAG-Aktie bei den Anlegern nicht anzupreisen

taz: Herr Weber, die RAG preist ihren geplanten Börsengang. Wie stehen die Erfolgschancen für das umstrittene Projekt?Florian Weber: Die Aktionäre haben gelernt, dem marktschreierischen Verhalten der Unternehmen oder ihren beauftragten Werbeagenturen nicht immer Glauben zu schenken. Es nutzt also nichts, wenn man sich selbst preist – die Anleger sind da sehr kritisch geworden. Nicht umsonst ist die Kursentwicklung vieler Neuemissionen eher bescheiden.

Noch läuft eine heftige politische Debatte um den Börsengang. Schwächt das die Chancen für den Börsenstart?Nein, ganz im Gegenteil. Es gefällt den Börsianern, wenn mögliche Probleme, Fragen oder Strukturbereinigungen im Vorfeld des Börsenganges klar und eindeutig geregelt sind. Es kann sogar passieren, dass diese Diskussionen dazu führen, dass viele Anleger auf diesen Wert überhaupt erst einmal aufmerksam werden.

Also ist der Streit um die Altlasten des Bergbaus kein Hemmschuh für eine erfolgreiche Börsenzukunft?Diese Frage kann nicht mit ja oder nein beantwortet werden.

Warum?Einerseits ist es so, dass die Altlasten dauerhaft Geld kosten können. Hier sind beispielsweise unkalkulierbare Bergschäden zu nennen, mit denen auch heute noch an vielen Stellen zu rechnen ist. Auf der anderen Seite sind zu den Altlasten sicherlich auch die Personalkosten zu nennen, die den Unternehmen aus Vereinbarungen vergangener Jahre auferlegt sind. Hier sind aber unseres Erachtens auch klare Berechnungen anzustellen, wann welcher Personalabbau mit welchen Effekten und welchen Kosten auf die Gesellschaften zukommt. Im Zweifel sind Börsianer progressiv und sagen, dass mit Wegfall von zentralistischer und politischer Führung eines solchen „Staatsunternehmens“ eine Phase des positiven Umbruchs mit Synergieeffekten folgt. Solche Themen sind sogar eher verlockend für Börsianer – nur die Skeptiker werden sagen, dass das Schiff einfach zu groß und zu uneffektiv steuerbar sein wird.

Die RAG ist so eine Art Gemischtwarenladen mit Energie, Chemie und Immobilien. Wäre eine Zerschlagung sinnvoller, um die Aktien für Anleger interessant zu machen?Ja, Gemischtwarenladen ist sicherlich das richtige Wort. Das könnte auf den ersten Blick abschrecken. Die Frage muss aber lauten: Ist die RAG mit diesem Geschäft in der Lage, Gewinne zu erzielen? Weist sie das im Rahmen ihres Börsenganges nach, so kommt wieder die typische Einstellung des Börsianers heraus: zukunftsorientiert denken. Mit positiver Phantasie wird wohl aufgenommen, dass sich die RAG auf attraktive und ergebnisstarke Geschäftsbereiche konzentrieren kann.

In welcher Höhe könnte sich der Einstiegskurs einer RAG-Aktie bewegen? Wird sie eine „Volksaktie“?Die Höhe des Preises ist reine Spekulation. Sie hängt von den Gesamtwerten ab, die enthalten sind, von der Anzahl der ausgegebenen Aktien und ähnlichen Faktoren. Da dort bisher keine genauen Angaben vorhanden sind, kann zum Preis aus unserer Sicht derzeit überhaupt keine Aussage gemacht werden. Volksaktie wird die RAG sicherlich nicht werden, aber wir können uns sehr wohl vorstellen, dass sie einen festen Platz im Kurszettel der deutschen Börse und in den Depots vieler Anleger haben wird – sofern die Zukunftsaussichten erfolgversprechend scheinen.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER