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Der Männerpastor

Zum Mannsein fällt ihm sofort sein Vater ein. Der habe ihn vor allem seiner Leistung wegen geschätzt, sagt Henning Ernst. Der 45-Jährige ist neuer Männerpastor der Nordkirche, und wohl auch wegen des väterlichen Drucks habe er die ganze Jugend hindurch Leistungssport getrieben. „Da geht es ja auch um Durchhalten und Starksein.“

Irgendwann ahnte er, dass das nicht alles gewesen sein konnte. Wollte Schlagzeuger werden, sein Brot mit Musik verdienen. Sah, dass das nicht so einfach war. Und studierte schließlich evangelische Theologie, um dort die großen Fragen beantwortet zu bekommen: Warum war der Holocaust möglich, woher kam der Hass selbst der Kirchen auf das religiös so eng benachbarte Judentum? Und welche Rollen haben Männer gespielt, hinter einem Führer, einer Ideologie herlaufend, sich mit Ämtern und Uniformen brüstend? „All dies müssen Männer endlich aufarbeiten“, sagt Ernst.

Der direkteste Zugang führt über die Reflexion aktueller Männerrollen, und deshalb passt sein Amt so gut zu seinen Fragen. Die Angebote sind dabei oft niedrigschwellig: Vater-Kind-Gruppen hat Ernst initiiert, Gesprächsabende und Selbsterfahrungsgruppen – rund 50 im Jahr, zu denen jeweils 15 bis 20 Männer erscheinen. Und die da kommen, stammen aus allen Berufsgruppen. Meist sind sie erleichtert, wenn sie merken, dass sie ähnliche Probleme haben: Wie kann ich mich trotz Fulltime-Jobs meinen Kindern widmen? Wo setze ich in der Erziehung Grenzen?

Fragen übrigens, die Ernst, verheiratet mit einer Pastorin, auch ganz persönlich hat: Seine Kinder sind sieben, neun und 13 Jahre alt und er „oft noch ein Lernender“, wenn es um Geduld und Achtsamkeit geht.

„Ich freue mich, darüber mit anderen Männern auf Augenhöhe sprechen zu können“, sagt er, und diese anderen müssen nicht unbedingt Christen sein. Viele seien Suchende, und wenn sie später in eine Gemeinde zurückfänden, freue es ihn. „Aber es ist nicht das vorrangige Ziel.“  PS

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