… und es hat Bumm gemacht

Heute startet die erste Weltmeisterschaft für Feuerwerkprofis. Die Chinesen und die Russen sind die Favoriten. Hans-Georg Kehse hat die 500.000 Euro teure Veranstaltung ins Leben gerufen und alle Hände voll zu tun, bevor die Teams aus sechs Ländern im Olympiastadion ihre Kunstwerke zeigen können

„Die Pyrotechnik ist die hohe Kunst des Feuers und seiner Dimensionen“

von Elisabeth Rank

Der Himmel über Berlin ist in diesen Tagen wenig spektakulär. Graue Wolken hängen über der Stadt, hin und wieder blitzt ein bisschen Blau hindurch. Dass der Himmel an diesem Abend in allen erdenklichen Farben erstrahlen soll, kann man sich kaum vorstellen. Noch liegt das Olympiastadion in Matschgrau und schluckt hin und wieder ein paar Touristengruppen, die sich ihren Weg durch Pfützen suchen.

Heute und morgen Abend werden es jedoch mehr als nur ein paar Touristen sein, die sich am Maifeld hinter dem Stadion einfinden. 40.000 bis 50.000 Besucher werden zur ersten Pyronale erwartet, der Weltmeisterschaft für Pyrotechnik.

Hans-Georg Kehse aus Berlin steht mittendrin. Er ist der Initiator der Olympiade für Feuerwerkprofis. In Regenjacke und Turnschuhen koordiniert er die Aufbauarbeiten der sechs Teams aus Polen, China, Russland, Portugal, Italien und Großbritannien. Überall stehen Kisten mit gelben und blauen Rohren herum, darin befindet sich der Sprengstoff. Typische Raketen, wie man sie an Silvester gerne in den Himmel feuert, benutze man eigentlich kaum, erklärt Kehse. Noch im Anzug schleppen die Chinesen ihr Werkzeug für die Show am Abend auf das abgesteckte Maifeld. Ihre Arbeitskleidung ist noch in irgendeinem der Container, die noch nicht angekommen seien. Fertig werden müssen sie trotzdem pünktlich.

Die Portugiesen hingegen können sich zurücklehnen, sie sind mit dem Aufbau ihrer Feuerwerkskörper schon fast fertig. „Perfekt organisiert sind die“, sagt Rainer Apel, der Kollege von Kehse. Die Russen wüssten auch genau, was sie da tun. Mit Argwohn beäugt er jedoch den Aufbau der Chinesen, die noch zusätzliche Kanonen in hohen Kalibern angefordert hätten. „So was darf man in Deutschland in der Menge gar nicht lagern“, sagt er.

Was die Chinesen da auffahren, darf man in Deutschland gar nicht lagern

Er sei gespannt, wer denn das Rennen am Abend machen wird: die Chinesen mit ihren großen Kalibern oder die Russen, die viele kleine Feuerwerkskörper auf dem ganzen Feld verteilt haben. Die Performance der Mannschaften besteht aus einem dreiminütigen Pflichtteil ohne Musik zum Thema „Blau und Gold“, aus einer dreiminütigen Begleitung des vorgegebenen Titels „Maybe I – Maybe You“ der Scorpions und einer zehnminütigen Kür, die das Heimatland repräsentieren soll. In der Jury sitzen unter anderem Jette Joop, Bildungssenator Klaus Böger, Rudolf Schenker von den Scorpions und Dietrich Eckhardt, Experte für Hochexplosives an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Berlin.

„Wenn Feuerwerk dein Beruf ist, kannst du es nicht mehr anschauen, ohne über die Effekte und die Komposition nachzudenken. Einfach nur genießen geht nicht mehr“, sagt Kehse, der vom Leiter der Abteilung für Stickstoffdünger in einem Chemiewerk zum Pyrotechniker wechselte. Die Faszination für Feuer sei ihm angeboren, erzählt er. „Feuer ist einfach etwas anderes als Licht. Die Pyrotechnik ist die hohe Kunst des Feuers und seiner Dimensionen“, schwärmt Kehse. Vor allem die Verbindung von Architektur und Feuerwerk reizt ihn. So beleuchtete er zum Jahrtausendwechsel die Akropolis in Athen und tauchte auch das Olympiastadion zu seiner Eröffnung 2004 in ein neues Licht.

„Feuerwerk hat seine eigene Psychologie“, sagt Kehse, während ständig sein Handy klingelt und die Engländer auf ihr Essen warten. Der Pyrotechniker müsse eine Harmonie aus Musik, Form und Farbe schaffen, die jeden Zuschauer begeistern kann. Man zeichne dabei immer ein komplettes Bild, meint er und malt dabei mit seinen Fingern Formen in die Luft. Die Handschriften der einzelnen Pyrotechniker und auch verschiedener Länder seien dabei schon zu erkennen. So ginge es den Asiaten eher um Einzelbilder, während die Europäer sich bemühten, eine Geschichte wie im Theater zu erzählen. Hauptsache sei aber, dass „das Finale stimmt“, lacht er. Dafür ist er verantwortlich. Mit seinem Abschlussfeuerwerk soll Kehse morgen Abend die 500.000 Euro teure Veranstaltung ins rechte Licht setzen.

Der Wettbewerb findet Freitag und Sonnabend ab 21 Uhr statt. Die Eintrittskarten für die Pyronale kosten zwischen 11 und 31 Euro.