: Duo ohne Lagerkoller
Der Spartensender N24 will mit seiner neuen Talkshow „Links-Rechts“ polarisieren. Das ist sehr verdienstvoll. Fragt sich nur: Wer von den beiden Moderatoren steht auf welcher Seite?
VON OLIVER GEHRS
George Bush und Ahmadinedschad wären natürlich das bessere Duo gewesen, aber dieses TV-Duell hätte ja auch was haben können: Auf der einen Seite Hans-Hermann Tiedje, dem in Berlin zu viel Hundekacke herumliegt, die Parkbänke zu verlottert sind und dem einst ein einziger Geistesblitz ausreichte, um für immer auf die Rolle des patent-hemdsärmeligen Journalisten festgelegt zu werden: Als Bild-Chef legte er Helmut Kohl quer über die Titelseite und bezeichnete ihn als „Umfaller“. Seitdem hat er nie wieder einen guten Einfall gehabt – er gehört also zum rechten Flügel.
Auf der anderen Seite Hajo Schumacher, der ein Heer von Journalistenschülern beschäftigt, die Politikerbiografien und Bücher übers Jogging in seinem Namen verfassen und Kolumnen für Bunte und Spiegel – zumindest kommt es einem angesichts des enormen Outputs so vor. Er ist nicht Hans-Hermann Tiedje, also links. Wobei ja die ostentative Einordnung in rechts und links für den kaum wahrgenommenen Spartensender N24 spricht, weil ja nichts dümmer ist als die Behauptung, links und rechts gäbe es gar nicht mehr. Was ja höchstens stimmt, wenn man es auf die Parteien bezieht. Das Bekenntnis zur Polarisierung ist aber schon das Positivste, was man über diese Sendung sagen kann, und man hätte ahnen können, dass die informative Reportage über den Orgasmus, die im Vorprogramm lief, den Höhepunkt bereits vorweggenommen hatte.
Schuld daran war auch Friedbert Pflüger, Gast der Premieresendung, der ja eher parteiübergreifendes Mitleid erregt als erregte Parteinahme. Auch, weil er in Berlin Bürgermeister werden will und wahrscheinlich selbst nicht weiß, warum. Dass ihm dieses Schicksal erspart bleibt, dafür sorgt schon die Werbeagentur der CDU, die eine sehr gestrige Wahlkampagne ersonnen hat. Angesichts der Plakate, auf denen entweder grimmige oder traurige Kinder zu sehen sind, könnte man meinen, dass Berlins vorrangiges Problem aus Jugendlichen besteht, die aus lauter Langeweile, weil wieder mal die Schule ausfällt, Omas überfallen.
Was soll’s. Tiedje gefällt’s, allerdings wünscht er sich von Pflüger noch ein bisschen mehr Roland Koch, also eine zünftige Hetze gegen Ausländer. Immer wieder fordert er ein klares Bekenntnis, dass in Neukölln islamistische Terroristen sitzen, die auszuweisen sind. Geschenkt. Das liefert Pflüger doch gern, der mit seinem dezidierten Wissen über die Taliban in Afghanistan sowieso besser für einen Posten bei der Bundeswehr in Afghanistan qualifiziert zu sein scheint als den Job im Roten Rathaus.
Zwar ist auch Hajo Schumacher fürs Poltern eingekauft, aber Gott sei Dank ist er hell genug, um auf Tiedjes – stets von einem maliziösen Zucken rund um den Mund begleiteten – Plattitüden gar nicht erst einzugehen. Stattdessen stellt er Pflüger zwei einfache Fragen aus dem hessischen Einbürgerungstest, auf die Pflüger natürlich keine Antworten weiß. Oder besser: Er wisse sie zwar, so sagt er, sei aber nicht so ungeschickt, sie im Fernsehen zu sagen. Darauf muss man auch erst einmal kommen. Jedenfalls findet Pflüger den Werbespot der SPD, die einfach seine positiven Statements über Wowereit zusammengeschnitten hat, klasse. Für so viel Offenheit muss man ihn fast lieb haben.
Fazit nach der Premiere: Der Kongo ist mitten in Afrika, Tiedje raucht immer noch dicke Zigarren und glaubt, dass „die Amerikaner Krieg können“, von Hajo Schumacher wünscht man sich erstaunlicherweise mehr Wortmeldungen, und die Frau, die in der Sendung das Wasser bringt, sieht aus wie Miss Piggy.