portrait : Der ausgebuffte Genehmigungsprofi
Der Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy, Dr. Bruno Thomauske, durfte sich freuen: „Heute wurde mit der Einlagerung des ersten Castors das Interimslager Krümmel in Betrieb genommen“, hieß es 2004 in einer Pressemitteilung seines Konzerns. „Damit leisten wir einen Beitrag zur gesellschaftlichen Akzeptanz“, betonte Thomauske.
Logisch, dass sich Thomauske „freut“. Schließlich hat der Vattenfall-Chef das Zwischenlager für seine AKWs selbst genehmigt. Bis 1999 war der promovierte Physiker nämlich beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Abteilungsleiter – und dabei auch zuständig für die Erarbeitung der Krümmel-Genehmigungsunterlagen. Nach über zehnjähriger BfS-Praxis gilt der 57-Jährige als einer der ausgebufftesten deutschen Genehmigungsprofis.
2003 wechselte er die Seiten: Vattenfall machte ihn zum Geschäftsführer seiner Nukleartochter „Vattenfall Europe Nuclear Energy GmbH“ (Vene). „Damit hat sich die Industrie mal eben das gesamte Insiderwissen des Amts eingekauft“, klagt einer seiner Exkollegen.
Im schwebenden Verfahren gegen Vattenfall – es geht um das AKW Brunsbüttel – ist ausgerechnet Thomauske oberster Ansprechpartner der Atomaufsicht. Nach einer Woche zeichnet sich sein Vorgehen ab: Die Salamitaktik. Zum Ultimatum von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel reichte Thomauske eine siebenseitige Stellungnahme ein. Gabriel hatte aber keine Stellungnahme, sondern „den Nachweis der Sicherheit“ bestellt. Täglich fordert die Atomaufsicht deshalb von Thomauske „weitere Unterlagen“, „Darlegungen zu Abweichungen“, „technische Sachstandsdarstellungen“.
„Das geht so nicht“, erklärt Sylvia Kotting-Uhl, umweltpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen, der taz. Thomauske habe sich zum Glaubwürdigkeitsproblem des gesamten Verfahrens gemausert. „Wer so lange wie Thomauske in einer Genehmigungsbehörde gearbeitet hat, verfügt über derart intime Kenntnisse des Procederes, dass er nicht derjenige sein darf, der um Genehmigung nachsucht“, urteilt Kotting-Uhl. „Will Vattenfall fair in dem Verfahren behandelt werden, muss die Konzernspitze Thomauske abziehen.“ Dienstrechtlich bestehe keinerlei Möglichkeit, gegen Thomauske vorzugehen. Anders als bei ähnlichen Fällen – etwa Schröder, der heute Pipeline-Chef ist – geht es hier aber um die Gesundheit von Menschen. Kotting-Uhl: „Vattenfall könnte mit Thomauskes Abberufung verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.“
Gern hätte die taz gewusst, was Bruno Thomauske zu den Vorwürfen sagt. Allein: Er wollte nichts sagen. NICK REIMER