: Jetzt geht’s in die Vertikale
Hochstapelei an der Weser: Anfang 2009 soll Bremens angeblich „höchstes Gebäude“ als „Tor zur Überseestadt“ fertig sein. Architekt ist der ebenso gefragte wie kompromissträchtige Helmut Jahn
Von Henning Bleyl
Wer die Schlachte weserabwärts bis zum Ende geht, wird gewarnt: „Hafengebiet, Gefahrenbereich, schwebende Lasten, ungesicherte Hafenbecken“ steht auf einem großen Schild direkt nach der Eisenbahnbrücke. Kurz dahinter kann man seit gestern tatsächlich stolpern. Neben dem „Weserbahnhof“ ist eine Plane ausgebreitet, 16 mal 64 Meter groß: Die Grundfläche eines 18-geschossigen Hochhauses. Anfang kommenden Jahres soll sie sich in eine Baugrube verwandeln.
Das Gelände gehört der Siedentopf GmbH, die hier für 20 Millionen Euro das „Tor zur Überseestadt“ bauen will. Damit entstehe nichts weniger als „ein neues Bremen“, erklärt deren Geschäftsführer Bernd Schmielau, im Übrigen auch „das höchste Gebäude Bremens“. Letzteres ist zwar eine schamlose Übertreibung – mit 65 Metern soll der Bau gerade mal zwei Drittel der Domhöhe erreichen, ganz zu schweigen vom 148 Meter messenden Fallturm. Aber in der Tat markiert der geplante Bau eine bemerkenswerte Konkretisierung der Pläne für die Überseestadt, an denen seit nunmehr zehn Jahren gearbeitet wird.
Hintergrund der Finanzierung ist ein auf 20 Jahre geschlossener Vertrag mit dem Oldenburger Energieversorgungs- und Telekommunikationsunternehmen EWE, dem 49 Prozent der früheren Bremer Stadtwerke (jetzt SWB) gehören. Um seine 400 Bremer MitarbeiterInnen zusammenzufassen, will EWE zwei Drittel des Gebäudes als Ankermieter übernehmen. Als Lärmschutzanlage längs des Bahndamms wird ein Parkhaus errichtet, in Planung befindet sich der Bau eines Varieté-Theater und eines „Designer-Hotels“, eventuell auch eine Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe. Bis Ende 2009 sollen insgesamt 50 Millionen Euro investiert werden.
Senatsbaudirektor Uwe Bodemann begrüßt das so entstehende „Weserquartier“ als Abschluss der Wallanlagen, da direkt am Ufer, wo sich früher die „Alte Bastion“ befand, ein Park entstehen soll. Auch aus Sicht der Grünen „spricht nichts gegen ein Hochhaus an dieser Stelle“, wie deren baupolitische Sprecherin Karin Krusche erklärt. Allerdings solle es „kein Schubladenentwurf“ sein.
Nachdem zwei Bremer Büros bereits Entwürfe für das Hochhaus vorgelegt hatten, ist jetzt der Deutsch-Amerikaner Helmut Jahn mit dem Bau beauftragt worden. Bisher hat der Meister im fernen Chicago lediglich „gescribbelt“, also ad hoc-Entwürfe skizziert. Auf ihnen ist ein eckiger Bau zu erahnen, mit einem vorgesetzten „Screen“, durch den das Gebäude in wechselndem Licht erscheinen kann. Auch ohne verbindliche Entwürfe ist ein gediegenes Glaskonstrukt in der Stilistik von Jahns Bonner Post-Tower oder dem Sony-Gebäude in Berlin zu erwarten.
Lediglich in Nürnberg sorgte Jahn bisher für größere Kontroversen: Sein als „aufgeschnittene Bratwurst“ bezeichnetes Konzept einer Umgestaltung des Augustinerhofes wurde per Bürgerbegehren zu Fall gebracht. In Bremen könnte eher diskutiert werden, ob ein Jahn-Bau genügend Signalwirkung entfaltet.