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Archiv-Artikel

OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Der Schweizer Regisseur Peter Liechti ist eine Ausnahmeerscheinung im europäischen Kino. Überwiegend an den Grenzen des Dokumentarischen arbeitend, sind seine Werke allerdings eher experimentelle Essays als klassische Dokumentationen: Filmen mit Künstlern (wie „Signers Koffer“ mit dem Aktionskünstler Roman Signer, dessen flüchtige Skulpturen – unter anderem schießt er sich mit einer Rakete die Mütze vom Kopf – Liechti kongenial filmisch einfängt) stehen dabei wunderbare und keineswegs unkomische Selbsterfahrungsfilme gegenüber. In „Hans im Glück“ (2003) unternimmt Liechti etwa drei Wanderungen von Zürich nach St. Gallen, um das Rauchen aufzugeben, und gelangt dabei zu einem fröhlich-missmutigen Schweiz-Porträt. In dem ähnlich gelagerten „Ausflug ins Gebirg“ (1986) begibt er sich auf einen wahnwitzigen Anti-Bergfilm-Trip in die österreichischen Alpen – komplett mit bedrohlichem Gewitter und unfrohem Dauergranteln, denn: Der Berg ist zu kalt, zu nass, zu dunkel und „macht blöd“. Brillant ist auch der Essayfilm „Das Summen der Insekten“ (2009), in dem Liechti einen Freitod durch Verhungern assoziativ bebildert und dabei die Träume und Halluzinationen des Sterbenden in einem dahinfließenden Bewusstseinsstrom vorüberziehen lässt. Eine Werkschau der Filme von Peter Liechti zeigt das Arsenal vom 14. bis 30. 3., zu den Eröffnungsvorstellungen am 14. und 15. 3. wird der Regisseur als Gast erwartet. (Hans im Glück, Ausflug ins Gebirg, 14. 3.; Signers Koffer, 15. 3.; Das Summen der Insekten, 16. 3., Arsenal 1)

Eine Woche des fantastischen Films veranstaltet das Bali-Kino in Zehlendorf und hat dabei auch schöne Animationsfilme im Programm: Neben der mit attraktiver Stilisierung aufwartenden irischen Produktion „Das Geheimnis von Kells“ (2009), in der sich ein im Kloster aufwachsender zwölfjähriger Junge von der Aura eines geheimnisvollen Buchs einfangen lässt und mit einer zauberhaften Waldfee barbarischen Wikingern entgegentreten muss, kommt auch Hiromasa Yonebayashis „Arrietty“ (2010) zum Einsatz, den der damalige Regiedebütant nach einem Drehbuch von Hayao Miyazaki drehte. Auf der Grundlage von Geschichten der britischen Kinderbuchautorin Mary Norton erzählt der Film von dem nur wenige Zentimeter großen Mädchen Arrietty, das gemeinsam mit seinen Eltern als heimliche Untermieterin in ebenjenem verwunschenen alten Haus wohnt, in das der kränkliche Junge Sho als Gast seiner Tante einquartiert wird. Für die mutige Arrietty geht es um die ersten Schritte in die Erwachsenenwelt: ein melancholisches Abenteuer in der typisch detailreichen Animation des Studios Ghibli. (The Secret of Kells, 15.–16. 3.; Arietty, 15. 3., 17.–19. 3., Bali)